Samstag, Mai 27, 2006

Der neue Bund - der Heilige Geist in uns

Gott hat einen Bund – einen Vertrag mit uns Menschen gemacht. Gott hat diesen Bund nie gebrochen – aber wir Menschen?

Der alte Bund: Gott nahm die Menschen bei der Hand (das ist die väterliche Hand), führte sie in das verheissene Land, gab ihnen Leitplanken zum Leben und auf einigen von ihnen kam der Heilige Geist, damit sie spezielle Aufgaben wahrnehmen konnten (z.B. Führen, Kunst schaffen). Dieser alte Bund brachte aber nicht, was er bringen sollte, nämlich ein vorbildliches Volk Israel, das Gott auf Erden repräsentieren sollte.
Darum der neue Bund: Mit Jesus Christus festgemacht (Im Abendmahl heisst es: Das Blut Jesu besiegelt den neuen Bund zwischen den Menschen und Gott). Jesus erfüllt den alten Bund (Siehe ich mache alles neu!) und schenkt eine Herzenserneuerung (Herz - d.h. mein Inneres, meine Empfindungen, meine Gedanken, meine „Schaltzentrale“, mein Motivationsgenerator) – der Heilige Geist ist in jedem so erneuerten Herzen, Menschen.
Hesekiel 11,19: „ich will ihnen ein anderes Herz geben und einen neuen Geist in sie geben.“

Der alte Bund wurde nicht gehalten. Seine Forderungen, das Halten des Gesetzes, wurden nicht erfüllt.
Und im neuen Bund?

Theoretisch-theologisch: Der Heilige Geist in uns, das neue Herz, kann nicht anders, als den Bund halten, die Gesetze erfüllen. Gottes Gabe lässt den so erneuerten Menschen den Bund halten und die Gesetze (so vor allem die Zehn Gebote, liebe Gott und deinen Nächsten) erfüllen.
Konsequent weitergedacht: Wer ein neues Herz hat, sündigt nicht mehr. (Lehre der Heiligungsbewegung um 1900, Brüderverein).
Konsequent weitergedacht: Wer nicht mehr sündigt, ist sündlos, vollkommen, heilig.
Konsequent weitergedacht: Wer vollkommen ist, muss nicht mehr belehrt werden. Und wenn mehrere solcher „Vollkommener“ beieinander sind, muss keiner zum andern sagen „Erkenne doch den Herrn“. Jeremia 31,34 Niemand muß dann den anderen noch belehren, keiner braucht seinem Bruder mehr zu sagen: 'Erkenne doch den Herrn!' Denn alle - vom Kleinsten bis zum Größten - werden erkennen, wer ich bin.

So ist unsere Realität aber nicht.

Wenn es nicht so ist, kann es zwei Gründe haben: Entweder ist das eben gar nicht geschehen, diese Erneuerung. Sei das, weil es diesen Gott gar nicht gibt oder weil der betroffene Mensch irgendwie noch nicht ganz durchgedrungen ist, zuwenig, falsch oder gar nicht glaubt (z.B. Pfingstbewegung: „Hat eben die Geistestaufe noch nicht“).
Oder wir liegen mit unserem „konsequent weitergedacht“ auf der falschen Spur.
Ich habe noch nie einen Menschen kennen gelernt, der diesem Zustand der Sündlosigkeit, des reinen Herzens, der körperlichen Unversehrtheit, des ganz ausgefüllt Seins mit dem Heiligen Geist, entsprochen hätte. Ich habe wohl Menschen kennen gelernt, die das behaupteten - und mit ihrem Leben gleich auch widerlegten – das ist dann verhängnisvoll und muss beim Namen genannt werden: Falsche Selbsteinschätzung, Selbstüberhebung.
Ja, Jesus war so sündlos, unversehrt, heilig. Aber sonst niemand.

Christliches Leben bewegt sich in dieser unauflösbaren Spannung von
Gottes Wort gilt
und
unser reales Leben hier und jetzt, das diesem Gotteswort oft nicht entspricht.

Genauer hinsehen:
· Manche Worte Gottes sind schon geschehen und erfüllt und in dem Sinn Geschichte.
· Manche Worte Gottes sind Verheissungen für unsere Zukunft. Erst im Himmel werden wir vollkommen sein.
· Und manche Worte Gottes gelten hier und jetzt.
Und nicht immer und ganz einfach, lassen sich die Worte Gottes da einordnen.

Der Vers 31 von Jeremia 31: So spricht der Herr: «Es kommt die Zeit, in der ich mit dem Volk Israel und dem Volk von Juda einen neuen Bund schließe. war für die Menschen zu jener Zeit eine Zukunftsverheissung. Für uns ist das geschehen – mit dem Kommen von Jesus Christus auf diese Erde und mit seinem Tod und seiner Auferstehung. Der Bund ist geschlossen.
Der Vers 34: Niemand muß dann den anderen noch belehren, keiner braucht seinem Bruder mehr zu sagen: 'Erkenne doch den Herrn!' Denn alle - vom Kleinsten bis zum Größten - werden erkennen, wer ich bin. Ich vergebe ihnen ihre Schuld und denke nicht mehr an ihre Sünden. beinhaltet eine Verheissung in unsere Zukunft: Jetzt ist noch die Zeit der gegenseitigen Belehrung, des Lernens und damit auch der unvollkommenen Erkenntnis.
Wäre es anders, würden die neutestamentlichen Schriften nicht von Lehrern und von Schülern reden.
Wir erkennen den Herrn eben noch nicht ganz. Dafür ist der zweite Teil des Verses wiederum jetzt schon wahr: Gott der Herr vergibt uns unsere Missetat/Schuld und an unsere Sünden denkt er nicht mehr.

Wichtig für mich ist zu sehen, was dieser Neue Bund für mich persönlich bedeutet:
Da sagt Gott ja zu mir!
Er will etwas mit mir zu tun haben!
Gott will Beziehung zu mir.
Er will mit mir gehen.
Wenn „dr Hansjakobli mit em Babettli“ geht, dann ist das eine innige Gemeinschaft. Die geben sich da ganz hinein. – Wieviel mehr Gott, der mit mir gehen will!
„Ich will ihr Gott sein und sie mein Volk.“ Spricht der Herr.
Da gibt es nichts zu rütteln. Darauf kann ich mich verlassen. Er verlässt mich nie. Das ist Halt, Sicherheit, Hoffnung.

Da Gott nun sein Gesetz, seine Worte, seinen Geist in unsere Herzen gegeben/geschrieben hat, kann es nur besser werden mit mir.
Immer wieder höre ich Gottes Stimme nicht, verdränge seine Worte, lasse den Heiligen Geist nicht zum Zuge kommen.
Aber genau so oft (und ich wünsche mir immer öfter) kommt der Heilige Geist zum Zug und ich höre Gottes Worte.
Und da geschieht immer wieder ein Wunder:
· Beziehungen werden bereinigt, die sonst in Ach und Krach auseinander wären.
· Da wird ein Trauernder getröstet, der sonst vielleicht nie mehr mit seinem eigenen Leben klar gekommen wäre.
· Da wird einer mit einer Situation fertig, an der er ohne Gott, ohne Heiliger Geist zerbrochen wäre.

Vielleicht gehe ich mit uns Christen manchmal zu hart ins Gericht: Ich sehe oft nur das, was nicht gut läuft: Die Heuchelei. Der Lebensstil, der nicht zum Wort Gottes passt. Die Unveränderbarkeit der Menschen. Das viele Selbstmitleid mit der integrierten Bauchnabelschau. Der Hang zu Bequemlichkeit, Reichtum und Ehre. Die Wohlfühlmentalität und der hohe Fun-Faktor….
Alles schändliche Dinge. Und das im zweiten, neuen Bund. Gott muss das traurig stimmen: „Die sind ja nicht besser als die Israeliten auf der Wüstenwanderung: Vergessen mich, sehnen sich nach vollen Bäuchen, murren herum, wissen alles besser, sind untreu,…“

Dann aber sehe ich das Licht und ich höre: Ich will euer Gott sein! (Jeremia 31,33) Das hat Auswirkungen. Da sehe ich die treuen Christen. Arbeitend und betend. „Fröhlich sich plagend“ wie es in einem alten Kirchenlied heisst.
Es gibt so oft in meiner Gemeinde Dinge und Situationen, in denen es normal wäre, wenn Gemeindeglieder
· Ausrufen würden
· Kündigen würden
· Weglaufen würden
· sich beschweren würden

Es werden auch bei uns immer wieder Leute übergangen, kommen zu kurz, werden nicht berücksichtigt usw.. Das geschieht selten absichtlich – meist geschieht es unbewusst. Aber es wäre Grund genug um:

· den Bettel hinwerfen
· kein Geld mehr zu spenden
· als Mitglied auszutreten
· den Gottesdienst nicht mehr zu besuchen
· zu schmollen
· zu täupelen
· schlecht zu reden
· und sagen, wie gut es doch früher war oder andernorts oder in Zukunft sein wird…

Aber das geschieht selten bis nie. Warum? Ich deute das als eindeutiges Zeichen dafür, dass der Heilige Geist unter uns wirkt – und zwar kräftig.
Das gibt mir Mut. Ich sehe, dass Gott zu uns, zu seinem Volk steht. Dass diese Versprechen von Gott wahr sind: „Ich will euer Gott sein“. Dass der Neue Bund gilt.
Der Heilige Geist wirkt so, dass unser Denken und Handeln von Gott bestimmt und geprägt wird.
So, dass wir einander auch vergeben können, weil uns vergeben wurde.

In dem Sinn will ich den Heiligen Geist „empfangen“. Ihn wahrnehmen. Er ist da. Und in dem Sinn will ich mich auch neu von ihm durchdringen lassen und bestimmen lassen.

Nächsten Sonntag feiern wir Pfingsten. Die Ausgiessung des Heiligen Geistes auf seine Jünger. Wenn das nicht nur Theorie ist, wenn das wahr ist, dann bin ich überzeugt, dass wir noch viele „Geistestaten“ sehen.
Es kommt eben wirklich auch darauf an, wie wir hinsehen, in welcher Absicht, mit welchem Herzen, in welchem Geist.

Freitag, Mai 19, 2006

Betet!

Wenn Gott Leistung von mir fordert, Einsatz, Krampf und Kampf dann hier – beim Gebet. Ich denke, dass der Widersacher von Gott, der Gegenspieler nirgends so stark am Ablenken, Verhindern und „Madig machen“ ist, wie bei meinem Gebet.
Der Teufel kümmert es nicht gross, wenn ich arbeite, rede, theologisiere, … aber mein Beten gefällt ihm nicht.
Warum?
Weil mein Gebet, meine Beziehung zu Gott ausdrückt, ja im Tiefsten meine Beziehung zu Gott ist. Weil ich mich da Gott zuwende und sonst niemandem und nichts.
Aber meine Anfechtungen, die Widerstände, die Hindernisse zum Gebet sind gross und vielfältig:
· Habe keine Zeit
· Habe keine Lust
· Das nützt eh nichts
· Verschiebe es
· Delegiere es
· Schlafe ein
· Fühle mich peinlich, schwächlich
· Bin abgeschweift, unkonzentriert
· Habe es vergessen

Ich hatte zwar auch schon Zeiten in meinem Christsein, da hatte ich ein tiefes Verlangen nach Gebet, es zog mich geradezu ins Gebet und es gab in diesen Momenten nichts Schöneres als so Gemeinschaft mit Gott zu haben. Dann folgte oft mit einem Schlag die Wende. Und erst nach Tagen wurde ich mir plötzlich bewusst, dass ich ja gar nicht mehr gebetet habe…

Da brauche ich andere Christen, die mir helfen.
Darum ruft Paulus zum Gebet auf.
Im Islam ist der Gebetsaufruf täglich von den Minaretten zu hören – und bei uns?
Ja, die Kirchenglocken – sie rufen zum Gebet auf! Klar, manche ärgern sich über diesen Lärm. Aber ich will das Schlagen und Läuten der Kirchenglocken wieder als Gebetsaufruf ernst nehmen.
Auch wenn es Glocken einer andern Kirche sind. Und wenn auch bei uns einmal ein Minarett stehen sollte und der Gebetsaufruf mich ärgert – auch dieser Ruf soll mir Ruf zum Gebet mit dem dreieinigen Gott sein.
Überhaupt scheint es mir, dass mich Nichtchristliches noch stärker zum Gebet bewegen kann.
· Bedrängnis durch Andersdenkende.
· Not in der Arbeitswelt.
· Da Vinci Codes und Fürze von Romanschreibern.
· Die Not in unserem Gesundheitswesen

Warum bete ich so wenig, wenn es mir gut geht? So im Stil von „Wenn ein Problem gelöst ist, bete ich nicht mehr.“

„Lasst euch durch nichts vom Gebet abbringen, und vergesst dabei nicht, Gott zu danken.“ Ruft mich Paulus im Kolosserbrief (4,2) auf.

Drei Fragen zum Gebet:
1. Wann beten?
2. Wie beten?
3. Wofür beten?

1. Wann beten?
Paulus ist da im Gefängnis, als er im Kolosserbrief zum Gebet aufruft.
Für mich der Hinweis, dass überall und zu jeder Zeit gebetet werden kann. Es braucht keinen speziellen Raum (Bethaus). Es braucht keine spezielle Zeit (Stundengebet). Es braucht nicht einmal unbedingt eine Pause – manchmal bete ich während der Arbeit (und da nicht nur „Stossgebete“ und Hilfeschreie).
Eigentlich sollte beten zu meinem Lebensstil werden. „Mach aus allem ein Gebet.“ sagte einmal einer. „Betet ohne Unterlass“ sagt Jesus.
Also immer beten: „Nach dem Amen weiterbeten.“

Ein guter Umgang mit Gebet ist da wohl: Spontanes Gebet immer wieder praktizieren und auch tägliche, feste, regelmässige Gebetszeiten einplanen.

2. Wie beten?
Paulus spricht im Kolosserbrief von Dank und Fürbitte.
Natürlich gibt es auch noch andere Gebetsformen: Lob, Anbetung, Gesang, hören, meditieren.

Ich meine, dass es nicht gute oder schlechte Gebete gibt – vielmehr ist die Herzenshaltung des Beters, das was in seinem Innern ist und wird, entscheidend. Auch hier ist es wahr: Der Mensch sieht was vor Augen ist („seht, wie der salbungsvoll und vollmächtig beten kann“) aber Gott sieht das Herz an und sieht ins Verborgene („Er schlägt zu Hause Frau und Kinder“).

Ich muss keine grossen Worte suchen um mit meinem Vater im Himmel zu reden.
Vorgeformte Gebete waren mir da auch schon eine Hilfe. Zuvorderst das „Vater unser“.
Denn immer wieder stosse ich im Beten an einen Punkt, an dem mir meine Worte nicht mehr genügen. Sicher: Wo ich nicht mehr beten kann, vertritt mich der Heilige Geist. Aber das darf nicht Anstoss werden, dass ich aufhöre zu beten.
Dann habe ich auch schon das „Zungengebet“ praktiziert. In solchen Momenten, in denen ich einfach keine geeigneten Worte fand, war es mir eine Hilfe.

Gebet darf laut oder leise sein. Beten darf ich alleine und mit Andern zusammen. Ich bete manchmal (besonders in der Winterzeit) vor einer Kerze. Ich mache ab und zu einen Gebets-Spaziergang und schliesse die Häuser und Menschen, an denen ich vorbeigehe in mein Gebet ein.
Ich gehe meinen Arbeitsweg nun vermehrt zu Fuss. Das entschleunigt mein Tagesablauf und das gibt mir Gelegenheit auch so zu beten.

Auch im Auto ist es jetzt sehr einfach zu beten: Seit es die Freisprechanlagen zum telefonieren gibt, fällt es gar nicht mehr auf, wenn einer „Selbstgespräche“ führt…

3. Wofür beten?
Danken kann ich jeden Tag. Ich habe so viel Gutes. Das Dankgebet hilft mir auch, dass ich all das überhaupt sehe.
Bitten. Gott weiss zwar was ich bedarf. Aber er hat es gerne, wenn ich es ihm sage.
Paulus streicht da im 4. Kapitel des Kolosserbriefes ein Gebiet besonders hervor, für was wir bitten sollen: Dass das Wort von Gott, das Evangelium zu den Menschenherzen kommt. Die Menschen müssen erfahren, dass ihr Heil in Jesus Christus ist. Sie müssen wissen, dass Jesus am Kreuz für ihre Sünden gestorben ist, dass Gott mit ihnen leben will, dass Gott ihnen Lebenssinn und Lebensauftrag geben will, dass sie ein neues Leben, mit Gott zusammen beginnen können.

Das geschieht aber nur, wenn sich Menschen öffnen - ihr Herz öffnen. Wenn Menschen Vertrauen in Gott und sein Wort gewinnen. Wenn Türen aufgehen.
Ich kann diese Türen nicht aufmachen. Aber ich kann dafür beten, dass Gott diese Türen aufmacht. Das gehört zu meinem grossen Auftrag den ich von Gott habe – Menschen mit Jesus Christus in Verbindung zu bringen.
Und genau da schlägt doch auch das Herz von Paulus…

4. Beten und arbeiten
Hier ist aber auch eine Warnung am Platz. Beten kann auch Ersatz für mein Tun werden. Dann ist es leer und für Gott ein Gräuel.
Wenn ich für die Armen bete und noch Geld in der Tasche habe, ist mein Beten daneben.
Ich kann Menschen mit in mein Gebet einschliessen und sie gleichzeitig aus meinem Leben ausschliessen!

Beten und arbeiten brauchen einander.
Meine Arbeit, mein Tun braucht das Gebet. Und das Gebet braucht mein Tun.

Nun ist es wohl dran, nicht mehr über das Gebet zu theoretisieren, sondern es zu tun. (Punkt)

Samstag, Mai 06, 2006

Auferstehung und Trübsal

Nach Ostern, Jesu Auferstehung, ist etwas Neues geschaffen. Da ist nicht nur ein wundervoller Vorgang geschehen, da ist der Durchbruch des Guten geschehen, die „Durchkreuzung“ des Todes! Und die auf Ostern folgenden Sonntage, respektive ihre Themen, zeigen verschiedene Aspekte dieses „neuen Lebens“ auf.
Da ist einmal die neue Sicht für mein Leben: Mit meinem leiblichen Tod wird nicht alles zu Ende sein - auch ich, wenn ich Jesus nachfolge, werde auferstehen zum ewigen Leben! Diese Bewegung: Sterben und Auferstehen zu einem neuen Leben, die wir in der Taufe ausdrücken, hat nun Auswirkungen: Es ist neues Leben da! Es ist etwas Göttliches in diese Welt hineingebrochen, etwas das vorher so nicht da war und von dem ich leben kann - es ist die Beziehung zu Gott möglich geworden - persönlich, von du zu du. Indem dass Gott seinen Sohn Jesus dahingegeben hat, zeigt er, wie er mich liebt und die Frage ist rhetorisch: Warum sollte er mir dann nicht alles schenken?
„Ist jemand in Christus, so ist er eine neue Kreatur (eine Neuschöpfung), das Alte ist vergangen, siehe, Neues ist geworden“ (2.Kor. 5,17).
Dieses neue Leben nach Ostern, schenkt mir von Gott Möglichkeiten. Es sind Möglichkeiten, die alles zeitliche, menschliche, weltliche, finanzielle übersteigen - ja, es ist die ganze Fülle:
· Kranke haben jetzt begründete Hoffnung
· Verzweifelte bekommen Halt.
· Die Armen werden reich.
· Die Diebe werden reuig.
· Die Suchenden finden.
· Die Schwachen werden stark.
· Den Sündern wird vergeben.

Und ich: Ich bekomme die Chance, mich zu ändern!
Gott hat alle Voraussetzungen geschaffen, damit ich gut (meinem Auftrag entsprechend, sinnvoll, glücklich, ein Segen für andere, mit geradem Rücken und erhobenem Haupt, voller Hoffnung, freudig, zuversichtlich, geradlinig) leben kann.

Nur, ich merke im gleichen Augenblick: Das ist aber nicht meine ganze Realität... Da ist auch etwas Dunkles in meinem Leben…

Theologisch ist das schnell gesagt: Die Vollendung steht noch aus - diese vollständige Erlösung, dieses ganz mit Gott sein, wo keine Tränen mehr fliessen, kein Schmerz mehr sein wird, ist in unserer Zukunft angesiedelt - im Himmel, im ewigen Leben. Dieser Himmel, das ewige Leben aber leuchtet schon jetzt zu uns hinein - wie von Sonnenstrahlen wird unser Leben hier und jetzt schon beleuchtet…

Aber was heisst das wirklich für mich hier und jetzt. Sicher etwas Trost und Hoffnung habe ich schon durch diese Zukunftssicht. Aber diese „Vertröstung“ auf den Himmel kann doch nicht alles sein.

Zitat vom Seelsorger Lawrence J. Crabb (aus: Von innen nach aussen – Veränderung ist möglich, Brunnen Verlag Basel, 1990/2, S. 219):
Viel zu wenige Christen setzen sich ehrlich mit ihrem Leben auseinander. Klischees von der Kraft des Wortes Gottes werden in selbstgefälliger Frömmigkeit von Menschen wiederholt, in deren Leben kaum eine Veränderung sichtbar wird. Man betont immer wieder die Rolle des Heiligen Geistes als verändernde Kraft, anstatt mit dem eigenen Leben überzeugend unter Beweis zu stellen, was er tut. Mit dem Aufruf zu regelmässiger Stiller Zeit und Gebet vermeidet man die unangenehme Auseinandersetzung mit der Unordnung im Leben der Menschen. Es ist viel leichter, einem deprimierten Freund zu einem intensiveren Gebetleben zu raten, als sich konkret mit seinen Schwierigkeiten zu befassen. Der Weg zur Veränderung wird häufiger diskutiert als vorgelebt.

Crabb sieht die Notwendigkeit, dass ich mich hier und jetzt mit mir und meiner Umgebung befasse. Im Speziellen rät er uns, dass wir uns mehr mit unseren Motiven, mit unserem Herzen befassen sollen: Wer bin ich? Was tue ich da? Warum tue ich das? Was möchte Gott von mir? Wir sollen Gott in unser Herz sehen lassen und uns so von ihm verändern lassen. Ja, Gott möchte, dass wir so von innen nach aussen erneuert werden.
Nur dazu bin ich selten bereit. Warum auch? Es geht mir ja übers Ganze gesehen gut! Mein Seufzen: „Was man nicht alles auch noch sollte...“ Bis hin zur Angst, dass ich da plötzlich in Abgründe sehen müsste, die ich lieber dann doch verdränge. Es ist einfacher und bequemer, dass ich es lasse.

Ich denke, weil das so ist, weil ich meistens nicht gewillt bin mich freiwillig in einen Veränderungsprozess einzulassen, braucht Gott einen zweiten Weg: Der Weg des Leidens, der Krankheit, des Schmerzes, der Trübsal (wie es in der Lutherübersetzung heisst).
Also so etwas wie der umgekehrte Weg von Crabb: Statt Veränderung von innen nach aussen – gibt es zuerst einmal Veränderung aussen. Die wirkt sich nach innen aus und dann werde ich wiederum nach aussen verändert.

Es gibt da ein schönes Beispiel dazu: Es wird ja immer wieder versucht, aus den Nutzpflanzen mehr Ertrag herauszubekommen. An Orten wo Palmen gezüchtet werden, werden den jungen Palmen oft schwere Steine in die Blätterkrone gelegt. So soll verhindert werden, dass die Palme zu schnell wächst. Auf diese Weise wird der Stamm stärker und kräftiger und das Holz fester und die Früchte zahlreicher.
Ich brauche manchmal auch so einen Stein…

Wohlverstanden: Gott ist nicht ein Sadist, der mich mit Lasten quält, weil es ihm gefällt. Er ist der liebende Vater, der mich durch schwierige Zeiten zum Ziel bringen will!
Und ein zweites Missverständnis möchte ich auch gleich klarstellen: Nicht jede Krankheit, nicht jede Not ist ein Erziehungsmittel von Gott. Es gibt auch noch andere Gründe dazu.
Der Missionar Paulus, selber so ein „Steinträger“ macht mir in dieser Situation Mut:
2. Korinther 4,16 Darum geben wir auch nicht auf. Freilich gehen diese Strapazen nicht spurlos an mir vorüber. Wenn auch meine körperlichen Kräfte nachlassen, wird doch das Leben, das Gott mir schenkt, von Tag zu Tag erneuert. 17 Was wir jetzt leiden müssen, dauert nicht lange und ist leicht zu ertragen, wenn wir bedenken, welch unendliche, unvorstellbare Herrlichkeit uns erwartet. 18 Deshalb lassen wir uns von dem, was uns zur Zeit so sichtbar bedrängt, nicht ablenken, sondern wir richten unseren Blick auf Gottes neue Welt, auch wenn sie noch unsichtbar ist. Denn das Sichtbare vergeht, doch das Unsichtbare bleibt ewig.

Das gehört nun unbedingt in die Osterzeit, respektive in die nachösterliche Zeit, in die Nachfolge Jesu: Die bedrückende Alltagsrealität von Leid, Kampf, irren, Schmerz, finsterem Tal, Wüstenzeit - der Text sagt dem zusammenfassend „Trübsal“. Das darf nicht ausgeklammert werden, verdrängt werden! Das gilt es zusammen zu sehen und zusammen zu leben: Leben aus der Kraft der Auferstehung und der Trübsal.
Meine Trübsal ist da. Es ist müssig zu spekulieren, ob wir mehr oder weniger oder gleichviel Trübsal hätten, wenn wir nicht Christen wären - es kann gut sein, dass wir mehr Trübsal haben.
Aber die Worte von Paulus rücken die Trübsal ins rechte Licht: Sie ist zeitlich begrenzt, sie hört auf - im Vergleich zum ewigen Leben hört sie sogar sehr schnell auf. Und ihr Gewicht ist begrenzt. Jesus sagt: Mein Joch ist leicht!

Das Beispiel: Weisse Fläche und ein Punkt. Was sieht man gewöhnlich? Ja, den schwarzen Punkt. Die weisse Fläche sieht niemand... Meine Trübsal ist der schwarze Punkt – aber die unvorstellbare, unendliche Herrlichkeit ist viel grösser – wie die weisse Fläche….
Also, Paulus zeigt mir die rechte Sicht für mein Leben hier und jetzt: Das hier ist schnell vorbei. Das hier zerfällt, vergeht, ist bald einmal wertlos.
Ich spüre es auch: Ich habe nicht immer volle Kraft. Ich werde müde.
Ich erlebe das persönlich für mich - aber ich sehe das auch in der Gemeinde, in der Kirche. Immer wieder stehen wir am Punkt, wo wir uns eingestehen müssen: Da haben wir einfach keine Kraft mehr, da macht es keinen Sinn mehr, da müssen wir aufgeben, zumachen, fertig, Schluss, aufhören.

Doch gerade in diesem letzten Wort ist etwas Entscheidendes zu sehen: Aufhören - ich soll hören - wo? nach oben!

Und da wird der innere Mensch von Tag zu Tag erneuert. Inwendig werde ich stark, wenn ich aussen aufhöre und auf-höre.
Hier ist Jesus der sagt: Alle deine Sorgen wirf auf mich, ich sorge für dich!

Da erneuert mich Gott. Er gibt seine Kraft, seine Auferstehungskraft, in mich hinein.
Das heisst nicht, dass ich nicht mehr genügend schlafen muss. Aber ich muss nicht mehr zuviel schlafen.
Es gibt ja diesen Schlaf der Sinnlosigkeit. Diese Depression. Dieses Zermürbt sein von der Trübsal und nicht von Gott innerlich gestärkt, erneuert zu sein.

Da lag ein alter Mann, krank, leidend. Ein junger Christ besucht ihn und will ihn trösten und sagt unter anderem: „Es heisst ja in der Schrift: Wen der Herr lieb hat, den züchtigt er.“ Der Alte ist einen Moment still. Dann sagt er: „Ja, du hast schon Recht. Aber jetzt wäre ich froh, wenn der Herr wieder einmal einen anderen lieb hätte.“

In dieser Trübsal gilt es: Auf-hören! Dazu gehört auch das Auf-sehen. Dieses hinter die Fassade sehen. Hinter die Kulisse sehen. Und was sehe ich hier - etwas das meinen Augen verschlossen ist: Die unendliche, unvorstellbare Herrlichkeit Gottes…


Normalerweise sehe ich was vor Augen ist:
· Die schönen Kleider
· die runzlige Haut
· Das neue Auto
· die schwere Krankheit
· die wohlgeformten Worte und Sätze
· der Ehebruch
· das Vergängliche!

Aber Gott sieht das Herz an. Und er sieht da mehr und anderes als ich bei mir und meinen Nächsten sehe.

Meine Übung für die kommende Woche ist, auf folgendes zu achten: Auf das Unsichtbare. Ich versuche vor allem bei mir selber, aber auch bei den Menschen um mich, in den Situationen um mich hinter die Kulisse zu sehen. Hinter die Fassade, hinter die Maske, hinter das Alltagstheater - indem ich
auf-höre
auf-sehe zu Gott
und ihn frage: Was siehst du da?
Ich bin ja gespannt auf seine Antworten!