Als Zeuge unterwegs
Fragen aus der Gemeinde vom 7. Januar 2007
Ich habe vor 14 Tagen gesagt, dass, wer fragt, lebt. Fragen sind wesentlich um zu lernen, zu wachsen, weiterzukommen.
So habe ich mich ausserordentlich gefreut, dass die Gottesdienstbesucher nahezu 150 Fragen abgaben.
Es gibt fünf Schwerpunkte der Fragen:
1. Fragen, die die Sorge um Familienangehörige, vor allem hinsichtlich Rettung und auf dem Weg bleiben, darstellen. Hier wiederum vor allem Fragen um Krankheit, Not, Leid. Warum hilft Gott meiner Frau nicht aus der Depression? Wie verhalte ich mich gegenüber meinen Kindern, die nicht mehr (oft) in die Gemeinde kommen? Warum sind wir so sehr mit unserem Wohl und dem der Familie und Gemeinde beschäftigt und ringsum wissen die Leute nicht um einen tieferen Sinn im Leben, verdursten in ihren Problemen?
2. Dann der Fragenkreis „Warum geschieht so wenig?“. Ich bete und glaube und doch geschieht nichts. Bete schon viele Jahre für Menschen um Heilung und Veränderung - geschieht da nichts? Sehe ich das Neue nicht? Wann heilst du meinen Patenjungen? Du hast es doch versprochen.
3. Wahrscheinlich die meisten Fragen betreffen die Lebensgestaltung: Finanzen, Zeit, Leistung, Mitarbeit in der Gemeinde, Verhalten gegenüber der Welt. Dazu gehören die Fragen zur Heiligung – einige Male wurde gefragt: Warum sündige ich immer noch am gleichen Ort? Warum leben wir in einem totalen Luxus und sind doch so unzufrieden, depressiv, unmotiviert? Wie kann der Spagat Familie, Ehe, Beruf gelingen? Ich möchte die Christen radikaler erleben. Kann man in der Gemeinde auch einfach „sein“ – angenommen SEIN?
4. Auch konkrete Einzelfragen gab es. Da vor allem zur Bibel. Warum wird anhand von Josephs Stammbaum (Matthäus 1,1-17) Jesu Abstammung von König David erklärt, wenn Joseph gar nicht Jesu Vater war? Aber auch das Thema „alternative Heilmethoden“ beschäftigt.
5. Fragen zur Vorherbestimmung, freier Wille, Prädestination scheint doch auch einige zu beschäftigen. Können wir an unserem Schicksal noch etwas ändern? War es Judas vorherbestimmt, Verräter zu sein? (Um die Heilsgeschichte zu erfüllen)
Ich danke herzlich für diese Fragen. Ich werde sie in nächster Zeit in die Lehre und Verkündigung einbauen.
Viele der Fragen provozieren mich zu Rückfragen: Warum diese Frage? Was ist dahinter?
Ich möchte auf jeden Fall mit euch im Gespräch sein!
Zwei Rettungssysteme die mich beschäftigen:
A) Mein System
1. Sündenerkenntnis, Erkenntnis der Verlorenheit, rettungsbedürftig
2. Erkenntnis der Liebe Gottes
3. Annahme Jesu, Bekehrung, Hinwendung zu Gott, Ergreifen der Rettung im Glauben
4. Heiligung durch Sündenerkenntnis und Liebe Gottes
B) Pfarrers System
1. Liebe Gottes, Erkenntnis dieser Liebe
2. Ergreifen dieser Liebe im Glauben
3. Heiligung durch Sündenerkenntnis und Liebe Gottes
Gnade spielt in beiden Systemen eine grundlegende Rolle.
Beide Systeme haben aber unterschiedliche Konsequenzen.
System B) legt Gewicht auf Gott, der alles tut, der am Anfang war und auch am Ende ist, Rettung geschieht unabhängig von den Menschen, Allversöhnung ist sehr wahrscheinlich. Bevor ein Mensch nicht die Liebe Gottes erkannt hat, kann er auch nicht sündigen. Die Sünde kommt erst in der Heiligung ins Spiel. Da wird sie erkannt und dann gleich behandelt wie in System A).
System A) legt Gewicht auf Errettung aus einem alten in ein neues Leben, ein Herrschaftswechsel, ein Sterben und Auferstehen, eine Neugeburt. Die Sünde ist hier vor allem ein Beziehungsbegriff: Getrennt sein von Gott, ein gottloses Leben leben.
Der Mensch ist von Anfang an im Spiel: Zuerst als Sünder aber geliebt von Gott, dann als wollender, sich für Gott öffnender Sünder, dann als neugeborener Teilhaber an Gottes Reich, als Geretteter, als Kind von Gott. Sünde wird auch jetzt noch eine Rolle spielen – aber immer, wie in System B) als Teil der Heiligung.
Praktische Konsequenz ist, dass es in B) keine Bekehrung braucht. Alles Tun und Lassen des Menschen ist ausgeschlossen. Alle Forderungen sind ausgeschlossen. Missionarische Predigt bedeutet in B) die gute Nachricht der Liebe Gottes zu uns Menschen zu verbreiten. Es gibt dabei keine schlechte Nachricht. Es wird nur vom Licht gesprochen. Vom lichtlosen Raum wird nicht gesprochen, vom Schatten auch nicht. Es wird nur vom liebenden Gott gesprochen, der Teufel wird nicht genannt und geht wohl vergessen. Der strafende, eifersüchtige, gerechte Gott wird nicht verkündigt. Ihn gibt es auch im System B) aber erst als etwas Zukünftiges, eben auch nicht mich betreffendes.
In B) ist dieser Gott der, der immer anders ist, nie fassbar, fern und konsequenterweise nichts mit uns Menschen gemeinsam hat.
In A) dagegen wird Gott zum Verbündeten des Menschen. Ganz nah, menschlich.
B) hat den Vorteil, dass kein Druck entstehen kann. Es entspricht unserer toleranten Zeit, deren eine der obersten Maxime ist, dass nichts und niemand in mein Leben zu reden hat. Ich bin sozusagen von Anfang an in Gottes Hand und brauche keine Verantwortung für meinen Glauben zu übernehmen. Die Gefahr liegt aber in dem Phänomen, das wir in unserer reformierten Landeskirche deutlich sehen: Das Konzept braucht keine Menschen, höchstens Theologen. Es braucht keine Entscheidung, vermeidet jede Bindung und sieht in jedem Menschen ein Kind Gottes. Es ist schlecht einzusehen, warum ich Gott brauche – er liebt mich ja auf alle Fälle. Es ist frei von Angst eines göttlichen Gerichts. Die Angst liegt hier höchstens in der Ahnung, dass das alles knapp neben der Wahrheit liegt.
A) entspricht mehr der Realität des sündhaftigen Lebens ohne Gott. Es macht die Glaubenssache ernst. Es geht wirklich um Rettung vom Tod zum Leben. Menschen können verloren gehen. Der geistliche Kampf in der unsichtbaren Welt wird ernst genommen. Die Gefahr des Drucks, des missionarischen Übereifers, des Aktivismuses, des lieblosen Einteilens, in schwarz und weiss, der Gesetzlichkeit, ja gar der Angstmacherei (Drohbotschaft statt Frohbotschaft) ist in diesem System angelegt. Solche Auswüchse müssen wachsam beobachtet und wenn vorhanden beseitigt werden.
Es braucht eine Entscheidung für Jesus. Und die nimmt Gott ernst. Die gilt und das gibt Sicherheit in der Frage des Glaubens. Der Bekehrte kann sicher sein, dass er gerettet ist in Jesus Christus. Das ist Befreiung von Angst und lässt Aufatmen und leben. Auch Bindungen an Mächte und Gewalten werden da gelöst – eine neue Bindung an Jesus ist das neue Leben.
Beide Systeme lassen sich biblisch begründen. Beide Systeme haben eine ganze Traube von Theologen hinter sich (System A wird aber von den schweizerischen theologischen Fakultäten geschnitten).
Ich bin für das System A)
· weil es realistischer, erdiger, menschlicher ist – und Gott ist uns in Jesus nahe gekommen.
· Weil es meiner Lebensgeschichte entspricht – ich habe es erlebt.
· Weil ich sehe, dass es sich bei andern Menschen bewährt – durch ihr Sterben hindurch.
· Weil es in der praktischen Mission/Evangelisation einleuchtender vermittelbar ist und so echte Hilfe ist.
Ich sage nicht, dass B) nicht stimmt – mein Erkennen ist Stückwerk und es hat sogar äusserst reizvolle und meiner Bequemlichkeit entgegenkommende Aussagen – aber ich ahne, dass das mehr Verblendung und Irrung ist, als es das ganze Evangelium ist.
Zeuge sein
Nicht jeder der Jesus nachfolgt ist ein Evangelist. Aber ein Zeuge. Denn ich lebe mit Jesus und damit bin ich ein Zeuge für dieses Leben mit Jesus. Auch wenn ich nichts sage, gebe ich ein Zeugnis ab.
1. Petrus 2,9: Ihr aber seid das von Gott auserwählte Volk, seine königlichen Priester, Menschen, die ihm gehorchen und sein Eigentum sind. Deshalb sollt ihr die grossen Taten Gottes verkündigen, der euch aus der Finsternis befreit und in sein wunderbares Licht geführt hat.
Petrus spricht hier zu Christen. Er gibt ihnen einen hohen Rang: königliche Priester! Da dürfen sie mit erhobenem Haupt durch die Welt stolzieren! Auserwählt von Gott! Sie gehorchen Gott und wissen, dass sie zu Gott gehören.
Das ist die eine Seite der Medaille: Königliche Priester! Die andere Seite ist – wie es Petrus weiter sagt: Ihr wisst, dass ihr in dieser Welt Fremde seid, nur auf der Durchreise. (1. Petrus 2,11)
Petrus sagt dann auch, wie wir als eben diese königlichen Priester, Fremde und Pilger Zeugen sein sollen (1. Petrus 2,11-12): Gebt den Wünschen und Verlockungen dieser Welt nicht nach, die euren Glauben gefährden. Führt statt dessen einen untadeligen Lebenswandel, der sich vom Leben der Nichtglaubenden abhebt. Durch euer Verhalten sollen auch die überzeugt werden, die euch so bösartig verleumden.
Überzeugt werden: Mein Zeugnis soll überzeugen.
Dieses Zeuge sein kann sehr vielfältig aussehen. Wir sind auch sehr verschieden.
Etwas Entscheidendes ist wohl, dass ich ehrlich bin. Auch als Zeuge für Jesus habe ich Freude und Leid, bin ich gut drauf und dann wieder nicht. Dazu darf ich auch stehen.
Etwas das den Zeugen Jesu ausmacht ist, dass er auf Jesus sieht. Die Verbindung mit Jesus pflegt. Und daraus ergeben sich auch ganz konkrete Situationen, in denen ich anders handle oder rede als andere. Dieses Handeln und Reden ist von Gottes Liebe geprägt. Ein Zeuge Jesu kann auch mal auf etwas verzichten, was ihm zustehen würde. Ein Zeuge Jesu kann vergeben und Versöhnung suchen. Ein Zeuge Jesu fragt: Kann ich helfen?
Und dann eines Tages werde ich nach meinem Glauben, nach Gott, nach Jesus gefragt. Da gilt: Wer mich vor den Menschen bekennt, zu dem stehe ich. Da ist es angebracht zu reden… Und ich werde das Richtige sagen, weil Jesus, der Heilige Geist, mir dabei hilft.
Also keine Angst. Aber auch keine falschen Hemmungen. Ich habe etwas mit Jesus erlebt – und das ist meine ganz persönliche Geschichte. Die ist auch einmalig. Und die kann ich weitersagen.
Dieses Zeugnis hat etwa folgenden Aufbau:
1. Wie mein Leben war, bevor ich Jesus kennen lernte.
2. Wie ich bemerkte, dass ich Jesus brauche
3. Wie ich mein Leben Gott anvertraute
4. Wie mein Leben durch den Heiligen Geist verändert wurde.
Das ist mein Zeugnis wie ich zum Glauben gekommen bin.
Aber dann habe ich auch einiges mit Jesus erlebt.
Ich stelle fest, dass ich zwar solche Erlebnisse hatte und auch habe, dass ich die aber sehr gründlich und schnell vergesse. Dagegen hilft aufschreiben. Ich schreibe mir jetzt vermehrt Erlebnisse und Gebetserhörungen auf. Denn das hat etwas mit der Jahreslosung zu tun: Gott spricht: Siehe, ich will ein Neues schaffen, jetzt wächst es auf, erkennt ihr’s nicht? (Jesaja 43,19).
Da muss ich ran, dass ich’s vermehrt erkenne – das Neue, das Gott schafft. Damit ich es als Zeuge für Jesus weitersagen kann.
Ich habe vor 14 Tagen gesagt, dass, wer fragt, lebt. Fragen sind wesentlich um zu lernen, zu wachsen, weiterzukommen.
So habe ich mich ausserordentlich gefreut, dass die Gottesdienstbesucher nahezu 150 Fragen abgaben.
Es gibt fünf Schwerpunkte der Fragen:
1. Fragen, die die Sorge um Familienangehörige, vor allem hinsichtlich Rettung und auf dem Weg bleiben, darstellen. Hier wiederum vor allem Fragen um Krankheit, Not, Leid. Warum hilft Gott meiner Frau nicht aus der Depression? Wie verhalte ich mich gegenüber meinen Kindern, die nicht mehr (oft) in die Gemeinde kommen? Warum sind wir so sehr mit unserem Wohl und dem der Familie und Gemeinde beschäftigt und ringsum wissen die Leute nicht um einen tieferen Sinn im Leben, verdursten in ihren Problemen?
2. Dann der Fragenkreis „Warum geschieht so wenig?“. Ich bete und glaube und doch geschieht nichts. Bete schon viele Jahre für Menschen um Heilung und Veränderung - geschieht da nichts? Sehe ich das Neue nicht? Wann heilst du meinen Patenjungen? Du hast es doch versprochen.
3. Wahrscheinlich die meisten Fragen betreffen die Lebensgestaltung: Finanzen, Zeit, Leistung, Mitarbeit in der Gemeinde, Verhalten gegenüber der Welt. Dazu gehören die Fragen zur Heiligung – einige Male wurde gefragt: Warum sündige ich immer noch am gleichen Ort? Warum leben wir in einem totalen Luxus und sind doch so unzufrieden, depressiv, unmotiviert? Wie kann der Spagat Familie, Ehe, Beruf gelingen? Ich möchte die Christen radikaler erleben. Kann man in der Gemeinde auch einfach „sein“ – angenommen SEIN?
4. Auch konkrete Einzelfragen gab es. Da vor allem zur Bibel. Warum wird anhand von Josephs Stammbaum (Matthäus 1,1-17) Jesu Abstammung von König David erklärt, wenn Joseph gar nicht Jesu Vater war? Aber auch das Thema „alternative Heilmethoden“ beschäftigt.
5. Fragen zur Vorherbestimmung, freier Wille, Prädestination scheint doch auch einige zu beschäftigen. Können wir an unserem Schicksal noch etwas ändern? War es Judas vorherbestimmt, Verräter zu sein? (Um die Heilsgeschichte zu erfüllen)
Ich danke herzlich für diese Fragen. Ich werde sie in nächster Zeit in die Lehre und Verkündigung einbauen.
Viele der Fragen provozieren mich zu Rückfragen: Warum diese Frage? Was ist dahinter?
Ich möchte auf jeden Fall mit euch im Gespräch sein!
Zwei Rettungssysteme die mich beschäftigen:
A) Mein System
1. Sündenerkenntnis, Erkenntnis der Verlorenheit, rettungsbedürftig
2. Erkenntnis der Liebe Gottes
3. Annahme Jesu, Bekehrung, Hinwendung zu Gott, Ergreifen der Rettung im Glauben
4. Heiligung durch Sündenerkenntnis und Liebe Gottes
B) Pfarrers System
1. Liebe Gottes, Erkenntnis dieser Liebe
2. Ergreifen dieser Liebe im Glauben
3. Heiligung durch Sündenerkenntnis und Liebe Gottes
Gnade spielt in beiden Systemen eine grundlegende Rolle.
Beide Systeme haben aber unterschiedliche Konsequenzen.
System B) legt Gewicht auf Gott, der alles tut, der am Anfang war und auch am Ende ist, Rettung geschieht unabhängig von den Menschen, Allversöhnung ist sehr wahrscheinlich. Bevor ein Mensch nicht die Liebe Gottes erkannt hat, kann er auch nicht sündigen. Die Sünde kommt erst in der Heiligung ins Spiel. Da wird sie erkannt und dann gleich behandelt wie in System A).
System A) legt Gewicht auf Errettung aus einem alten in ein neues Leben, ein Herrschaftswechsel, ein Sterben und Auferstehen, eine Neugeburt. Die Sünde ist hier vor allem ein Beziehungsbegriff: Getrennt sein von Gott, ein gottloses Leben leben.
Der Mensch ist von Anfang an im Spiel: Zuerst als Sünder aber geliebt von Gott, dann als wollender, sich für Gott öffnender Sünder, dann als neugeborener Teilhaber an Gottes Reich, als Geretteter, als Kind von Gott. Sünde wird auch jetzt noch eine Rolle spielen – aber immer, wie in System B) als Teil der Heiligung.
Praktische Konsequenz ist, dass es in B) keine Bekehrung braucht. Alles Tun und Lassen des Menschen ist ausgeschlossen. Alle Forderungen sind ausgeschlossen. Missionarische Predigt bedeutet in B) die gute Nachricht der Liebe Gottes zu uns Menschen zu verbreiten. Es gibt dabei keine schlechte Nachricht. Es wird nur vom Licht gesprochen. Vom lichtlosen Raum wird nicht gesprochen, vom Schatten auch nicht. Es wird nur vom liebenden Gott gesprochen, der Teufel wird nicht genannt und geht wohl vergessen. Der strafende, eifersüchtige, gerechte Gott wird nicht verkündigt. Ihn gibt es auch im System B) aber erst als etwas Zukünftiges, eben auch nicht mich betreffendes.
In B) ist dieser Gott der, der immer anders ist, nie fassbar, fern und konsequenterweise nichts mit uns Menschen gemeinsam hat.
In A) dagegen wird Gott zum Verbündeten des Menschen. Ganz nah, menschlich.
B) hat den Vorteil, dass kein Druck entstehen kann. Es entspricht unserer toleranten Zeit, deren eine der obersten Maxime ist, dass nichts und niemand in mein Leben zu reden hat. Ich bin sozusagen von Anfang an in Gottes Hand und brauche keine Verantwortung für meinen Glauben zu übernehmen. Die Gefahr liegt aber in dem Phänomen, das wir in unserer reformierten Landeskirche deutlich sehen: Das Konzept braucht keine Menschen, höchstens Theologen. Es braucht keine Entscheidung, vermeidet jede Bindung und sieht in jedem Menschen ein Kind Gottes. Es ist schlecht einzusehen, warum ich Gott brauche – er liebt mich ja auf alle Fälle. Es ist frei von Angst eines göttlichen Gerichts. Die Angst liegt hier höchstens in der Ahnung, dass das alles knapp neben der Wahrheit liegt.
A) entspricht mehr der Realität des sündhaftigen Lebens ohne Gott. Es macht die Glaubenssache ernst. Es geht wirklich um Rettung vom Tod zum Leben. Menschen können verloren gehen. Der geistliche Kampf in der unsichtbaren Welt wird ernst genommen. Die Gefahr des Drucks, des missionarischen Übereifers, des Aktivismuses, des lieblosen Einteilens, in schwarz und weiss, der Gesetzlichkeit, ja gar der Angstmacherei (Drohbotschaft statt Frohbotschaft) ist in diesem System angelegt. Solche Auswüchse müssen wachsam beobachtet und wenn vorhanden beseitigt werden.
Es braucht eine Entscheidung für Jesus. Und die nimmt Gott ernst. Die gilt und das gibt Sicherheit in der Frage des Glaubens. Der Bekehrte kann sicher sein, dass er gerettet ist in Jesus Christus. Das ist Befreiung von Angst und lässt Aufatmen und leben. Auch Bindungen an Mächte und Gewalten werden da gelöst – eine neue Bindung an Jesus ist das neue Leben.
Beide Systeme lassen sich biblisch begründen. Beide Systeme haben eine ganze Traube von Theologen hinter sich (System A wird aber von den schweizerischen theologischen Fakultäten geschnitten).
Ich bin für das System A)
· weil es realistischer, erdiger, menschlicher ist – und Gott ist uns in Jesus nahe gekommen.
· Weil es meiner Lebensgeschichte entspricht – ich habe es erlebt.
· Weil ich sehe, dass es sich bei andern Menschen bewährt – durch ihr Sterben hindurch.
· Weil es in der praktischen Mission/Evangelisation einleuchtender vermittelbar ist und so echte Hilfe ist.
Ich sage nicht, dass B) nicht stimmt – mein Erkennen ist Stückwerk und es hat sogar äusserst reizvolle und meiner Bequemlichkeit entgegenkommende Aussagen – aber ich ahne, dass das mehr Verblendung und Irrung ist, als es das ganze Evangelium ist.
Zeuge sein
Nicht jeder der Jesus nachfolgt ist ein Evangelist. Aber ein Zeuge. Denn ich lebe mit Jesus und damit bin ich ein Zeuge für dieses Leben mit Jesus. Auch wenn ich nichts sage, gebe ich ein Zeugnis ab.
1. Petrus 2,9: Ihr aber seid das von Gott auserwählte Volk, seine königlichen Priester, Menschen, die ihm gehorchen und sein Eigentum sind. Deshalb sollt ihr die grossen Taten Gottes verkündigen, der euch aus der Finsternis befreit und in sein wunderbares Licht geführt hat.
Petrus spricht hier zu Christen. Er gibt ihnen einen hohen Rang: königliche Priester! Da dürfen sie mit erhobenem Haupt durch die Welt stolzieren! Auserwählt von Gott! Sie gehorchen Gott und wissen, dass sie zu Gott gehören.
Das ist die eine Seite der Medaille: Königliche Priester! Die andere Seite ist – wie es Petrus weiter sagt: Ihr wisst, dass ihr in dieser Welt Fremde seid, nur auf der Durchreise. (1. Petrus 2,11)
Petrus sagt dann auch, wie wir als eben diese königlichen Priester, Fremde und Pilger Zeugen sein sollen (1. Petrus 2,11-12): Gebt den Wünschen und Verlockungen dieser Welt nicht nach, die euren Glauben gefährden. Führt statt dessen einen untadeligen Lebenswandel, der sich vom Leben der Nichtglaubenden abhebt. Durch euer Verhalten sollen auch die überzeugt werden, die euch so bösartig verleumden.
Überzeugt werden: Mein Zeugnis soll überzeugen.
Dieses Zeuge sein kann sehr vielfältig aussehen. Wir sind auch sehr verschieden.
Etwas Entscheidendes ist wohl, dass ich ehrlich bin. Auch als Zeuge für Jesus habe ich Freude und Leid, bin ich gut drauf und dann wieder nicht. Dazu darf ich auch stehen.
Etwas das den Zeugen Jesu ausmacht ist, dass er auf Jesus sieht. Die Verbindung mit Jesus pflegt. Und daraus ergeben sich auch ganz konkrete Situationen, in denen ich anders handle oder rede als andere. Dieses Handeln und Reden ist von Gottes Liebe geprägt. Ein Zeuge Jesu kann auch mal auf etwas verzichten, was ihm zustehen würde. Ein Zeuge Jesu kann vergeben und Versöhnung suchen. Ein Zeuge Jesu fragt: Kann ich helfen?
Und dann eines Tages werde ich nach meinem Glauben, nach Gott, nach Jesus gefragt. Da gilt: Wer mich vor den Menschen bekennt, zu dem stehe ich. Da ist es angebracht zu reden… Und ich werde das Richtige sagen, weil Jesus, der Heilige Geist, mir dabei hilft.
Also keine Angst. Aber auch keine falschen Hemmungen. Ich habe etwas mit Jesus erlebt – und das ist meine ganz persönliche Geschichte. Die ist auch einmalig. Und die kann ich weitersagen.
Dieses Zeugnis hat etwa folgenden Aufbau:
1. Wie mein Leben war, bevor ich Jesus kennen lernte.
2. Wie ich bemerkte, dass ich Jesus brauche
3. Wie ich mein Leben Gott anvertraute
4. Wie mein Leben durch den Heiligen Geist verändert wurde.
Das ist mein Zeugnis wie ich zum Glauben gekommen bin.
Aber dann habe ich auch einiges mit Jesus erlebt.
Ich stelle fest, dass ich zwar solche Erlebnisse hatte und auch habe, dass ich die aber sehr gründlich und schnell vergesse. Dagegen hilft aufschreiben. Ich schreibe mir jetzt vermehrt Erlebnisse und Gebetserhörungen auf. Denn das hat etwas mit der Jahreslosung zu tun: Gott spricht: Siehe, ich will ein Neues schaffen, jetzt wächst es auf, erkennt ihr’s nicht? (Jesaja 43,19).
Da muss ich ran, dass ich’s vermehrt erkenne – das Neue, das Gott schafft. Damit ich es als Zeuge für Jesus weitersagen kann.