Sonntag, Oktober 29, 2006

Meine Blickrichtung

Denn das Wesen dieser Welt vergeht.
Denn unser Herr kommt bald.

Es gibt ein „Zu Jesus kommen“ und ein „Bei Jesus bleiben“. Ich wünsche mir, dass der wiederkommende Herr mich bei der richtigen Arbeit antrifft.
Dass Menschen zu Jesus finden ist ein grosses Wunder. Aber dass Menschen bei Jesus bleiben ist zum grossen Teil in unsere Verantwortung gestellt. Das wird doch oft einfach durch Nachlässigkeit, Müdigkeit, Langeweile, Disziplinlosigkeit oder auch Unachtsamkeit gefährdet.
„Es geht mir ja gut so. Respektive, etwas mehr hätte ich schon gerne, nämlich –„ und dann beginne ich selber (!) zu definieren was: Oft ist dann das mehr Action, mehr Gefühle, etwas Erleben, mehr Gewinn, mehr Ohrenkitzel, mehr Unterhaltung, weniger Schmerzen, mehr Gemeinschaft, mehr Zeit, … was auch immer. Wenn ich selber bestimme was das sein soll, dann flacht mein Leben ab und wird belanglos, sinnlos, kraftlos.

Die Analyse unserer Zeit von Prof. Lutz Simon trifft schon zu: „Christsein ist in Europa zu einem gefühlsduseligen, human angehauchten Lebensideal geworden, das den Anforderungen des täglichen Lebens nicht gewachsen ist und darum vernachlässigt werden kann.“
Wenn ich die Bibel lese, begegne ich da einem ganz anderen Christsein. Paulus als Beispiel, lebt etwas ganz anderes: Radikal, unkonventionell, widerständig, besitzlos, mit einem Ziel vor Augen.
Paulus lehrt mich da ganz andere Werte:

1. Korinther 7,
29 Denn eins steht fest, Brüder: Wir haben nicht mehr viel Zeit, für den Herrn zu arbeiten. Deshalb sollen sich jetzt auch die Verheirateten so für den Herrn einsetzen, als wären sie nicht verheiratet. 30 Weder Trauer noch Freude sollen uns daran hindern, Gott zu dienen. Was wir besitzen, sollte uns nicht davon abhalten, mit anderen zu teilen.6 31 Verliert euch nicht an diese Welt, auch wenn ihr in ihr lebt. Denn diese Welt mit allem, was wir haben, wird bald vergehen.

Das erste und wichtigste ist seine Sicht. Wie eine Klammer steht sie um diesen Text: „Wir haben nicht mehr viel Zeit …. Denn diese Welt mit allem, was wir haben, wird bald vergehen.“
Das neue Testament, besonders seine Briefe, haben eine alles dominierende Grundstimmung: Unser Herr kommt bald!
Wann habe ich diese Grundstimmung? Höchstens dann, wenn es mir besonders schlecht geht, wenn ich erlöst sein möchte von etwas Unangenehmen. Wenn Andere sagen: „Jetzt könnte ich im Boden versinken“ oder „jetzt möchte ich auf einer einsamen Insel sein“ oder „ich möchte lieber sterben“ – denke ich dafür: „Ach, Herr komm bald!“. Aber wenn alles einigermassen läuft und das Auto gewaschen ist, der Kontostand stimmt und ich keine Beziehungslämpen habe, kommt mir das kaum in den Sinn: „Herr komm bald…“

Sicher es macht die Sache nicht einfach, wenn ich sehe, dass diese Naherwartung sich nun schon 2000 Jahre dahin zieht. Haben sich die Schreiber damals geirrt? Ist die Erklärung, dass bei Gott ein Tag wie tausend Jahre ist – dass Gott ganz andere Zeitmassstäbe hat als ich – Erklärung genug? Es ist zwar eine richtige Aussage und bietet dennoch wenig Lebenshilfe.

Auf jeden Fall war diese Naherwartung damals bei den ersten Christen eine starke Triebfeder, dass das Evangelium verbreitet wurde. Heute bin ich eher wie der müde Wanderer, der sich auch mal eine Pause gönnt, wer weiss, wie lange das noch geht, und überhaupt: Pausen müssen sein.

Ich muss ganz ehrlich sagen, dass ich von diesem unguten Gefühl nicht loskomme, das mir da sagt, dass bei uns etwas faul ist. Etwas stimmt einfach nicht. Und das ist schon länger so. Schon einige Generationen – ich vermute seit es uns wirtschaftlich besser geht.
Christian Friedrich Spittler hat das wahrscheinlich auch so irgendwie empfunden – auf jeden Fall hat er den kernigen Satz gesagt:
„Was hilft’s, wenn wir beim warmen Ofen und einer Pfeife Tabak die Notstände der Zeit bejammern? Hand anlegen müssen wir, und sei es auch ganz im Kleinen.“

Etwas stimmt einfach nicht: Es sterben täglich zehntausende von Menschen an Hunger und wir verdrängen das - regen uns über Kleinigkeiten auf: Über das Haar in der Suppe.
Unsere Relationen sind einfach nicht mehr im Lot: Es gibt Leute, die ärgern sich, wenn sie mich nicht sofort erreichen – wenn ich nicht im Büro bin, wenn sie anrufen, wenn der Telefonbeantworter kommt, wenn ich das Handy nicht abnehme,…. Aber fünf Milliarden (nicht Millionen, Milliarden!) Menschen haben noch gar nie telefoniert – auch nicht mit Festnetzanschluss oder in einer Telefonkabine oder beim Nachbarn.
Das ist doch nicht normal! Unsere Ansprüche sind nicht normal! Wir leben Werte, die nichts mehr mit dem Glauben an Jesus Christus zu tun haben.
Ein wichtiger Wert ist: Unser Herr kommt bald! Diese Welt, mit allem, was wir haben, wird bald vergehen.

Vier Bereiche, die mein Leben wesentlich in Anspruch nehmen, spricht Paulus in unserem Text an:
Ehe, Trauer, Freude, Besitz.
In allen vier Bereichen kann ich mich verlieren.
Wahrscheinlich gibt es noch mehr Bereiche, in die ich mich verlieren kann – aber die vier sollen als Beispiel genügen.
Paulus spricht nicht davon, dass ich Ehe, Gefühle, Besitz nicht haben darf – im Gegenteil, er weiss sehr wohl, dass das wichtige Bestandteile meines Lebens sind. Diese Verse können nicht so ausgelegt werden, dass sie gegen die Ehe gebraucht werden oder gegen Trauer oder Freude oder Besitz.
Aber Paulus weiss es und ich ahne es: Ich kann mich in solchen Dingen verlieren. Ich habe selber schon viele – auch sehr engagierte und eifrige Christen erlebt, die vom Glauben Distanz nahmen, weil sie sich an die Welt verloren.
Da wird die Aussage von Jesus lebendig:
Wer sein Leben erhalten will, der wird es verlieren; wer aber sein Leben verliert um meinetwillen, der wird’s erhalten. Denn welchen Nutzen hätte der Mensch, wenn er die ganze Welt gewönne und verlöre sich selbst oder nähme Schaden an sich selbst? (Lukas 9,24.25)
Zur Ehe nur soviel: In der heutigen Zeit müssen wir nicht noch sagen, kümmert euch weniger um die Ehe. Wir sagen ja zur Ehe und fördern sie. Sie ist eine gottgegebene, gute Einrichtung. Sie dient zum Leben. Und doch gibt es Menschen und Paare, die verlieren sich regelrecht in der Ehe. Ein junges Paar heiratet, der Prediger empfiehlt noch, dass sie sich ein Jahr lang nicht in der Gemeinde engagieren sollen (Sabbatjahr). Dann waren sie weg und auch nach Jahren wurden sie seither in der Gemeinde nicht mehr gesehen.

Auch in der Trauer kann man sich verlieren – Trauer gehört zum Leben und wenn z.B. jemand stirbt muss diese Trauer auch durchlebt werden – das ist gesund, das ist gut. Aber man kann sich verlieren darin – eine Opferrolle übernehmen – „ich bin ja der Ärmste – wer solches durchmachen muss – usw.“ Da wird die Trauer zum Gefängnis.

In der Freude kann man sich verlieren – da gehören Spiele, Sport, Kunst, Garten, Beruf – einfach alles, was Freude bereitet – dazu. Wiederum: Freude gehört zum Leben. Aber im Horizont des wiederkommenden Herrn ist das zweitrangig.

Ja und dann der Besitz. Dass ich mich an meinen Besitz verlieren kann, muss ich eigentlich nicht ausführen. Erschreckend aber ist, dass immer die Andern sich in ihren Besitz verloren haben und nicht ich…

Solche Fesseln aber hindern mich Jesus zu dienen.

Es gibt schon von den Kirchenvätern Ausführungen zu diesem Thema. Ein Gedanke von Augustin sinngemäss: Anstatt die Welt zu benutzen und Gott zu geniessen, geniessen wir die Welt und benutzen Gott.

Oder noch die Geschichte des Touristen, der auf seiner Reise in einem Kloster übernachtet. Er ist erstaunt, wie karg die Zellen der Mönche ausgestattet sind. Und er fragt einen Mönch: „Wo haben sie denn ihre Möbel?“ Der Mönch fragt zurück. „Ja, wo haben sie denn ihre?“ „Meine?“ fragt der Tourist „ich bin ja nur auf der Durchreise hier!“ – „Sehen sie“, antwortet da der Mönch, „das sind wir auch.“

Wie würde ich jetzt eigentlich weiterleben, wenn ich plötzlich nichts mehr hätte? Das ist natürlich utopisch, schliesslich habe ich noch eine Versicherung…
Aber wenn der Herr wiederkommt, habe ich keinen Besitz mehr – oder kann ich mit einem Rucksack zum Himmel fahren?

Aber da merke ich – ich sage: „Der Herr kommt bald“ und denke: „Der Herr kommt nicht“.
Manfred Siebald hat das in seinem Lied „Wir haben es uns gut hier eingerichtet“ schön gesagt.

Ich frage mich: Denke ich so: „Die Zeit drängt, denn der Herr kommt bald?“ So dachten die ersten Christen und nach ihnen viele. Und es hat gestimmt. Sie haben die Zeit ausgenutzt und Reich Gottes gebaut und sind tatsächlich schnell gestorben. Der Herr ist all die Jahrhunderte so gekommen, dass die Christen zu ihm gingen. Schon diese Tatsache sollte mich die Sache ernst nehmen lassen. Und dazu kommt: Noch nie waren wir so nah an der Wiederkunft Christi wie heute.

Samstag, Oktober 28, 2006

Mich nicht an diese Welt verlieren

Denn das Wesen dieser Welt vergeht.
Denn unser Herr kommt bald.

Es gibt ein „Zu Jesus kommen“ und ein „Bei Jesus bleiben“. Ich wünsche mir, dass der wiederkommende Herr mich bei der richtigen Arbeit antrifft.
Dass Menschen zu Jesus finden ist ein grosses Wunder. Aber dass Menschen bei Jesus bleiben ist zum grossen Teil in unsere Verantwortung gestellt. Das wird doch oft einfach durch Nachlässigkeit, Müdigkeit, Langeweile, Disziplinlosigkeit oder auch Unachtsamkeit gefährdet.
„Es geht mir ja gut so. Respektive, etwas mehr hätte ich schon gerne, nämlich –„ und dann beginne ich selber (!) zu definieren was: Oft ist dann das mehr Action, mehr Gefühle, etwas Erleben, mehr Gewinn, mehr Ohrenkitzel, mehr Unterhaltung, weniger Schmerzen, mehr Gemeinschaft, mehr Zeit, … was auch immer. Wenn ich selber bestimme was das sein soll, dann flacht mein Leben ab und wird belanglos, sinnlos, kraftlos.

Die Analyse unserer Zeit von Prof. Lutz Simon trifft schon zu: „Christsein ist in Europa zu einem gefühlsduseligen, human angehauchten Lebensideal geworden, das den Anforderungen des täglichen Lebens nicht gewachsen ist und darum vernachlässigt werden kann.“
Wenn ich die Bibel lese, begegne ich da einem ganz anderen Christsein. Paulus als Beispiel, lebt etwas ganz anderes: Radikal, unkonventionell, widerständig, besitzlos, mit einem Ziel vor Augen.
Paulus lehrt mich da ganz andere Werte:

1. Korinther 7,
29 Denn eins steht fest, Brüder: Wir haben nicht mehr viel Zeit, für den Herrn zu arbeiten. Deshalb sollen sich jetzt auch die Verheirateten so für den Herrn einsetzen, als wären sie nicht verheiratet. 30 Weder Trauer noch Freude sollen uns daran hindern, Gott zu dienen. Was wir besitzen, sollte uns nicht davon abhalten, mit anderen zu teilen.6 31 Verliert euch nicht an diese Welt, auch wenn ihr in ihr lebt. Denn diese Welt mit allem, was wir haben, wird bald vergehen.

Das erste und wichtigste ist seine Sicht. Wie eine Klammer steht sie um diesen Text: „Wir haben nicht mehr viel Zeit …. Denn diese Welt mit allem, was wir haben, wird bald vergehen.“
Das neue Testament, besonders seine Briefe, haben eine alles dominierende Grundstimmung: Unser Herr kommt bald!
Wann habe ich diese Grundstimmung? Höchstens dann, wenn es mir besonders schlecht geht, wenn ich erlöst sein möchte von etwas Unangenehmen. Wenn Andere sagen: „Jetzt könnte ich im Boden versinken“ oder „jetzt möchte ich auf einer einsamen Insel sein“ oder „ich möchte lieber sterben“ – denke ich dafür: „Ach, Herr komm bald!“. Aber wenn alles einigermassen läuft und das Auto gewaschen ist, der Kontostand stimmt und ich keine Beziehungslämpen habe, kommt mir das kaum in den Sinn: „Herr komm bald…“

Sicher es macht die Sache nicht einfach, wenn ich sehe, dass diese Naherwartung sich nun schon 2000 Jahre dahin zieht. Haben sich die Schreiber damals geirrt? Ist die Erklärung, dass bei Gott ein Tag wie tausend Jahre ist – dass Gott ganz andere Zeitmassstäbe hat als ich – Erklärung genug? Es ist zwar eine richtige Aussage und bietet dennoch wenig Lebenshilfe.

Auf jeden Fall war diese Naherwartung damals bei den ersten Christen eine starke Triebfeder, dass das Evangelium verbreitet wurde. Heute bin ich eher wie der müde Wanderer, der sich auch mal eine Pause gönnt, wer weiss, wie lange das noch geht, und überhaupt: Pausen müssen sein.

Ich muss ganz ehrlich sagen, dass ich von diesem unguten Gefühl nicht loskomme, das mir da sagt, dass bei uns etwas faul ist. Etwas stimmt einfach nicht. Und das ist schon länger so. Schon einige Generationen – ich vermute seit es uns wirtschaftlich besser geht.
Christian Friedrich Spittler hat das wahrscheinlich auch so irgendwie empfunden – auf jeden Fall hat er den kernigen Satz gesagt:
„Was hilft’s, wenn wir beim warmen Ofen und einer Pfeife Tabak die Notstände der Zeit bejammern? Hand anlegen müssen wir, und sei es auch ganz im Kleinen.“

Etwas stimmt einfach nicht: Es sterben täglich zehntausende von Menschen an Hunger und wir verdrängen das - regen uns über Kleinigkeiten auf: Über das Haar in der Suppe.
Unsere Relationen sind einfach nicht mehr im Lot: Es gibt Leute, die ärgern sich, wenn sie mich nicht sofort erreichen – wenn ich nicht im Büro bin, wenn sie anrufen, wenn der Telefonbeantworter kommt, wenn ich das Handy nicht abnehme,…. Aber fünf Milliarden (nicht Millionen, Milliarden!) Menschen haben noch gar nie telefoniert – auch nicht mit Festnetzanschluss oder in einer Telefonkabine oder beim Nachbarn.
Das ist doch nicht normal! Unsere Ansprüche sind nicht normal! Wir leben Werte, die nichts mehr mit dem Glauben an Jesus Christus zu tun haben.
Ein wichtiger Wert ist: Unser Herr kommt bald! Diese Welt, mit allem, was wir haben, wird bald vergehen.

Vier Bereiche, die mein Leben wesentlich in Anspruch nehmen, spricht Paulus in unserem Text an:
Ehe, Trauer, Freude, Besitz.
In allen vier Bereichen kann ich mich verlieren.
Wahrscheinlich gibt es noch mehr Bereiche, in die ich mich verlieren kann – aber die vier sollen als Beispiel genügen.
Paulus spricht nicht davon, dass ich Ehe, Gefühle, Besitz nicht haben darf – im Gegenteil, er weiss sehr wohl, dass das wichtige Bestandteile meines Lebens sind. Diese Verse können nicht so ausgelegt werden, dass sie gegen die Ehe gebraucht werden oder gegen Trauer oder Freude oder Besitz.
Aber Paulus weiss es und ich ahne es: Ich kann mich in solchen Dingen verlieren. Ich habe selber schon viele – auch sehr engagierte und eifrige Christen erlebt, die vom Glauben Distanz nahmen, weil sie sich an die Welt verloren.
Da wird die Aussage von Jesus lebendig:
Wer sein Leben erhalten will, der wird es verlieren; wer aber sein Leben verliert um meinetwillen, der wird’s erhalten. Denn welchen Nutzen hätte der Mensch, wenn er die ganze Welt gewönne und verlöre sich selbst oder nähme Schaden an sich selbst? (Lukas 9,24.25)
Zur Ehe nur soviel: In der heutigen Zeit müssen wir nicht noch sagen, kümmert euch weniger um die Ehe. Wir sagen ja zur Ehe und fördern sie. Sie ist eine gottgegebene, gute Einrichtung. Sie dient zum Leben. Und doch gibt es Menschen und Paare, die verlieren sich regelrecht in der Ehe. Ein junges Paar heiratet, der Prediger empfiehlt noch, dass sie sich ein Jahr lang nicht in der Gemeinde engagieren sollen (Sabbatjahr). Dann waren sie weg und auch nach Jahren wurden sie seither in der Gemeinde nicht mehr gesehen.

Auch in der Trauer kann man sich verlieren – Trauer gehört zum Leben und wenn z.B. jemand stirbt muss diese Trauer auch durchlebt werden – das ist gesund, das ist gut. Aber man kann sich verlieren darin – eine Opferrolle übernehmen – „ich bin ja der Ärmste – wer solches durchmachen muss – usw.“ Da wird die Trauer zum Gefängnis.

In der Freude kann man sich verlieren – da gehören Spiele, Sport, Kunst, Garten, Beruf – einfach alles, was Freude bereitet – dazu. Wiederum: Freude gehört zum Leben. Aber im Horizont des wiederkommenden Herrn ist das zweitrangig.

Ja und dann der Besitz. Dass ich mich an meinen Besitz verlieren kann, muss ich eigentlich nicht ausführen. Erschreckend aber ist, dass immer die Andern sich in ihren Besitz verloren haben und nicht ich…

Solche Fesseln aber hindern mich Jesus zu dienen.

Es gibt schon von den Kirchenvätern Ausführungen zu diesem Thema. Ein Gedanke von Augustin sinngemäss: Anstatt die Welt zu benutzen und Gott zu geniessen, geniessen wir die Welt und benutzen Gott.

Oder noch die Geschichte des Touristen, der auf seiner Reise in einem Kloster übernachtet. Er ist erstaunt, wie karg die Zellen der Mönche ausgestattet sind. Und er fragt einen Mönch: „Wo haben sie denn ihre Möbel?“ Der Mönch fragt zurück. „Ja, wo haben sie denn ihre?“ „Meine?“ fragt der Tourist „ich bin ja nur auf der Durchreise hier!“ – „Sehen sie“, antwortet da der Mönch, „das sind wir auch.“

Wie würdest ich jetzt eigentlich weiterleben, wenn ich plötzlich nichts mehr hätte? Das ist natürlich utopisch, schliesslich habe ich noch eine Versicherung…
Aber wenn der Herr wiederkommt, habe ich keinen Besitz mehr – oder kann ich mit einem Rucksack zum Himmel fahren?

Aber da merke ich – ich sage: „Der Herr kommt bald“ und denken: „Der Herr kommt nicht“.
Manfred Siebald hat das in seinem Lied „Wir haben es uns gut hier eingerichtet“ schön gesagt.

Ich frage mich: Denke ich so: „Die Zeit drängt, denn der Herr kommt bald?“ So dachten die ersten Christen und nach ihnen viele. Und es hat gestimmt. Sie haben die Zeit ausgenutzt und Reich Gottes gebaut und sind tatsächlich schnell gestorben. Der Herr ist all die Jahrhunderte so gekommen, dass die Christen zu ihm gingen. Schon diese Tatsache sollte mich die Sache ernst nehmen lassen. Und dazu kommt: Noch nie waren wir so nah an der Wiederkunft Christi wie heute.

Samstag, Oktober 07, 2006

"seht an, seht an,...!"

Ich bin sehr dankbar, dass mein Herz für Jesus schlagen darf, dass er mich aus dem alten Leben herausgerettet hat, dass er mit mir zusammen leben will,…
Aber ich bin nicht gerettet um nun ein Leben zu führen, als hätte es diese Rettung nie gegeben. Als Geretteter sehe ich das Leben mit anderen Augen: Was mir früher wichtig war, tritt nun in den Hintergrund. Anderes, Göttliches, Gottes Willen, die Führung meines Retters wird wichtig. Ich hange jetzt ihm an.
Hier nun meine kritische Frage: Ist das wirklich so? Oder habe ich das grosse Geschenk von Gott schon vergessen? Ist es in den vielen anderen Dingen untergegangen? Trägt mich anderes als meine Dankbarkeit gegenüber meinem Retter?

Ein Aspekt betreffen meine Augen: Ich sehe tagtäglich viel. Aber es ist nicht gleich, was ich mit dem Gesehenen anfange. Es geht dabei um mein Glaubensleben!
Was sehe ich? Was will ich nicht sehen? Worauf achte ich? Was sind meine Kriterien?
Wenn ich einen Menschen ansehe – wie sehe ich ihn? Wunschbild? Vorurteil? – Oder bin ich beriet, meine Sicht von Gott ändern zu lassen, auf dass ich Gottes Sicht mehr und mehr bekomme?

(Lutherbibel 84) Jakobus 2
1 Liebe Brüder, haltet den Glauben an Jesus Christus, unsern Herrn der Herrlichkeit, frei von allem Ansehen der Person. 2 Denn wenn in eure Versammlung ein Mann käme mit einem goldenen Ring und in herrlicher Kleidung, es käme aber auch ein Armer in unsauberer Kleidung, 3 und ihr sähet auf den, der herrlich gekleidet ist, und sprächet zu ihm: Setze du dich hierher auf den guten Platz!, und sprächet zu dem Armen: Stell du dich dorthin!, oder: Setze dich unten zu meinen Füßen!, 4 ist's recht, dass ihr solche Unterschiede bei euch macht und urteilt mit bösen Gedanken? 5 Hört zu, meine lieben Brüder! Hat nicht Gott erwählt die Armen in der Welt, die im Glauben reich sind und Erben des Reichs, das er verheißen hat denen, die ihn lieb haben? 6 Ihr aber habt dem Armen Unehre angetan. Sind es nicht die Reichen, die Gewalt gegen euch üben und euch vor Gericht ziehen? 7 Verlästern sie nicht den guten Namen, der über euch genannt ist? 8 Wenn ihr das königliche Gesetz erfüllt nach der Schrift (3.Mose 19,18): »Liebe deinen Nächsten wie dich selbst«, so tut ihr recht; 9 wenn ihr aber die Person anseht, tut ihr Sünde und werdet überführt vom Gesetz als Übertreter. 10 Denn wenn jemand das ganze Gesetz hält und sündigt gegen ein einziges Gebot, der ist am ganzen Gesetz schuldig. 11 Denn der gesagt hat (2.Mose 20,13-14): »Du sollst nicht ehebrechen«, der hat auch gesagt: »Du sollst nicht töten.« Wenn du nun nicht die Ehe brichst, tötest aber, bist du ein Übertreter des Gesetzes. 12 Redet so und handelt so wie Leute, die durchs Gesetz der Freiheit gerichtet werden sollen. 13 Denn es wird ein unbarmherziges Gericht über den ergehen, der nicht Barmherzigkeit getan hat; Barmherzigkeit aber triumphiert über das Gericht.

Der Jakobusbrief hat ein Thema: „Seid Täter des Wortes, und nicht Hörer allein.“ (Kapitel 1,22) Glaube ohne Taten ist kein Glaube. Darum kann man nach Jakobus nur gerettet werden, wenn Taten da sind – weil man nicht ohne Taten Glauben kann.
Ein Zeichen, dass es mit mir nicht zum Besten steht, wäre: Ich mache „in der Tat“ Unterschiede in der Gemeinde. Mit manchen Leuten könnte ich mein ganzes Leben verbringen - andern aber weiche ich aus. Sicher, da spielt viel Geschichte, Erfahrung, Symphatie und Antipathie mit. Aber Parteilichkeit in der Gemeinde ist Sünde.
Es gibt zum Beispiel in unseren Gemeinden die Parteilichkeit der Familie. Da kann es sein, dass ein Familienclan die Gemeinde regiert. Das ist verhängnisvoll. Ich habe das erlebt: Am Küchentisch einer Familie wurden die Entscheide über die Gemeinde gefällt. Die Gemeindeleitung war dann noch eine „Kopfnickgruppe“.

„Liebe deinen Nächsten wie dich selbst.“ Das hat Gott gesagt, das hat Mose gesagt, das hat Jesus gesagt, das sagt hier Jakobus und das sagt uns der Heilige Geist.
Diese Aufforderung darf nicht in der Nebenfrage enden „Liebe ich mich denn wirklich?“ sondern ist eine Aufforderung zu Taten. Nächstenliebe ist eine Tat, ein Zeichen von Glauben. Glauben gebiert die Nächstenliebe.


Ich kann lange meiner Ehefrau sagen „ich liebe dich“ – wenn meine Taten, meine Lebensweise, dieser Aussage nicht entsprechen, sind das leere Worte, niemand glaubt mir – auch sie nicht.

Jakobus schrieb diesen Brief Christen, die unter Verfolgung litten. Anfechtung nennt er das. Da war Bedrängnis überall und die Christen mussten um ihr Leben fürchten. Mit guten Sprüchen und Argumenten, mit frommen Worten ernteten sie wohl nur Spott und noch mehr Verfolgung.
Darum legt Jakobus so grossen Wert auf die guten, dem Glauben entsprechenden Taten.

Dieser Glaube an Jesus Christus muss frei gehalten werden vom Ansehen der Personen:
Gottfried Kellers „Kleider machen Leute“ ist ein gutes Beispiel – Äusserlichkeiten täuschen. Äusserlichkeiten lügen. Wer sieht schon in den Menschen hinein, in sein Herz und weiss wie er es meint? Und sieht wer er wirklich ist?

Ich stelle in unseren frommen Kreisen immer wieder dieses Ansehen der Person fest:
· Z.B. die Prediger – da gibt es Starprediger, solche die das Wort so „unverfälscht und klar“ bringen können, oder so gut, so hilfreich, so anschaulich, so ohrenkitzelnd... Es heisst dann: „Den sollten sie einmal hören. Den müssten wir haben.“
· Und dann gibt es Prediger, die es einfach nicht bringen. Die überhaupt in ihrem ganzen Umgang mit den Leuten und der Gemeinde fehl am Platz sind. Die nicht wissen, wie man sich anzieht. Die mir einfach nicht passen.
Das aber ist fromme Auslese. Da achte ich den Einen höher als den Andern. Respektive: Ich verachte den Einen mehr als den Andern!

Christen können brutal in ihren Beurteilungen sein und es sind meist nicht wirklich geistliche Kriterien die herangezogen werden.

Zurück zum Jakobus: In dieser Verfolgungssituation machten die Christen auch die Erfahrung, dass gerade die, die Geld hatten, die Reichen, ihnen am meisten Schwierigkeiten machten. Die Reichen haben in der Welt Macht und bestimmen – auch heute – zu stark, wo’s langgeht.

Oft wird gesagt „Geld regiert die Welt“. „Wer zahlt befiehlt.“ Jakobus – und nicht nur er – warnt vor Reichtum. Denn im Reich Gottes, in der Gemeinde darf es nicht so sein.
Frage: Kann ich Geld, vielleicht viel Geld, in die Gemeinde geben und gleichzeitig nichts von ihr fordern? Der Gemeindeleitung gehorsam sein? Ja vielleicht sogar auf mein Lieblingslied verzichten?

Da kann ein Armer in die Gemeinde kommen, vielleicht hat er sogar Ansichten, die ich überhaupt nicht teile – und er ist im Glauben viel weiter und reicher als ich.
Oder dann kommt ein Reicher in unsere Gemeinde und gibt ordentlich Geld. Aber sein Leben ist nicht besser als der Durchschnitt….

Gott hat die Armen in der Welt erwählt: Die Sklaven in den Lehmgruben Aegyptens. Er ist in Jesus Christus selber arm geworden. Arm in der Welt sein, kann auch heissen: Niemand sein, unangesehen sein in der Welt – Geld ist nicht einziges Armutskriterium. Arm kann auch heissen: Nicht aus einer angesehenen Familie kommen, keine „rechte“ Ausbildung gemacht haben, nicht schön sein – geistlich arm sein …
Aber dafür: Im Glauben reich sein, einzig auf Gott vertrauen, Erben des Reiches Gottes sein.

Vor Gott sind wir alle gleich. Ihm ist es vorerst und dann noch ziemlich lange wurst, wie ich äusserlich so dastehe. Bei ihm gibt es kein Ansehen der Person. Frauen, Männer, Kinder, Ausländer, Asylanten, Kriminelle, Steuerhinterzieher, Intellektuelle, Arbeiter, Arbeitslose, Unternehmer, Unterlasser, Rentner, Schmarotzer, Kranke, Starke und Schwache,…
Gott hat jeden Menschen gemacht und will ihn - Gott liebt jeden Menschen. Darum sind die Menschen und auch ich liebenswert. Wertvoll. Von Gott angesehen.

Es stimmt dann aber auch, dass er uns aus diesen Rollen, die Gefängnissen gleichen, diesem Sklavenleben, befreien möchte – eben weil er uns liebt. Er sieht mich an, sieht hinter diese Kulissen in mein Herz. Er sieht wie ich es meine. Er möchte mich von dieser Sicht, der Welt, die mich verleitet den Mitmenschen zu genügen und ihnen etwas vorzuspielen – befreien!

Und Jakobus fährt da scharf ein: Er nennt es Sünde, wenn ich die Person ansehe – eine Auswahl treffe, manche vorziehe, andere hinten anstelle, jemanden bewundere, einige be- und verurteile.

Jesus ist der Herr der Herrlichkeit wie kein Mensch. Ihn solle ich ansehen, verherrlichen, anbeten, den besten Platz geben, meine Gedanken an ihn verschwenden, …
Wenn ich Menschen ansehe, steht da unweigerlich etwas zwischen mir und Jesus.