Samstag, September 09, 2006

Erntedank

Erntedank – Zeit der Ernte - ich nehme das zum Anlass um darüber selbstkritisch nachzudenken: Ernte, Dank, meine Selbstverständlichkeit meinen Magen füllen zu können.
Erntedank - Was unterscheidet mich als Christ eigentlich von der übrigen Bevölkerung? Bin ich noch dankbar für die Ernte?

Ich mache mir kaum Gedanken, dass ich nichts mehr zu Essen haben könnte – meine Probleme liegen in der Art des Essens – wie viel kostets, was bringts mir, Kalorien, Eiweisse, Kohlenhydrate, Hilfsstoffe, Ergänzungsstoffe, Geschmacksverstärker,…
Ich kann es mir ja leisten. Ich habe ja genug von allem. Es ist doch selbstverständlich, dass ich jeden Tag zu Essen habe.

Ernte
Dass mein Essen noch etwas mit Ernte zu tun haben könnte, ist für mich schon eher weit weg.
Ich habe nicht mehr dieselbe Beziehung zur Ernte wie die Landwirte. Die wissen noch was Ernte ist. Manche Leute haben noch einen Garten oder zumindest, wie unsere Nachbarin, einen Zwetschgenbaum. Da kann man auch noch etwas von Ernte erfahren.
Vor ein paar Tagen hat meine Nachbarin unter der Last der Ernte gestöhnt, weil dieser Baum so viele Zwetschgen habe und sie wisse gar nicht was damit anfangen. Kuchen machen, habe ich ihr vorgeschlagen. Aber sie könne nicht so viel Kuchen essen, so gerne habe sie den doch auch nicht.
Heute ist oft das Leiden unter der Ernte grösser als dass freudig und dankbar geerntet wird.

Ernte – ist die Gewinnung von Früchten in die vorher investiert wurde, damit sie wachsen.

So gesehen kann auch der Geld-Lohn für Arbeit, Ernte sein. Wenn jemand im Büro, in der Werkstatt, im Krankenzimmer,… arbeitet, investiert er dort Zeit und Fähigkeiten. Ernte wäre dann Geld, vielleicht sogar Befriedigung an der getanen Arbeit.

Aber da wird es irgendwie auch schwierig. Mancher arbeitet fast für zwei und bekommt einen Lohn für einen halben Mann. Für Andere besteht die Hauptarbeit darin, den Lohn (ich meine das irgendwie erhaltene Geld) gewinnbringend anzulegen. Da wird für mich der Vergleich mit der Ernte zusehends abstrakter…

Wie auch immer. Ich gehe davon aus, dass wir alle irgendwie ernten. Wir können davon profitieren, dass wir Dinge zum Leben bekommen, in die wir zwar investiert haben, deren Wachsen und Gedeihen aber dann nur sehr geringfügig in unserer Hand gelegen ist.
Ich vergesse zu schnell, dass ich weder Kartoffeln noch Zwetschgen machen kann. Und ich kann auch meinen Lohn nicht machen – die, die plötzlich arbeitslos sind, können davon etwas erzählen.
Ich habe eben weniger im Griff, als dass ich mir vormache. Vieles ist weit weniger selbstverständlich, als ich es mir eingerichtet habe.
Schnell kann auch unsere industrielle Ernte oder unsere Dienstleistungs-Ernte ausfallen.


Dank
Aus der Bibel: 1.Thessalonicher 5,18: „Seid dankbar in allen Dingen.“
Psalm 106,1: „Danket dem Herrn; denn er ist freundlich und seine Güte währet ewiglich.“

Wie kann ich dankbarer sein für die Ernte, im Speziellen nun auch für’s Essen, für das viele Gute, das ich immer wieder erhalte?
Vorschläge an mich: Danken in Gebeten – beim Einkaufen, beim Zubereiten, am Tisch.
Und dabei geht es immer auch darum, dass ich nicht einem leeren Ritual verfalle („Hauptsache ein Gebet ist gesprochen“), sondern dass ich innerlich mit diesem Dank auch mitgehe – es so meine.
· Tischgebetskartei
· Oder wenn ich den Lohn auf meinem Konto habe, Gott dafür danken
Dank zeigt sich nicht nur in Gebeten. Wenn ich wirklich dankbar gegenüber Gott bin, dann drückt sich das in meinem Lebensstil aus:
· Vermehrt geben statt nehmen
· Vermehrt schenken
· Haushälterisch mit den Mitteln umgehen, die ich habe
· Dankbarkeit zeigt sich im Umgang mit dem Essen: Wer schnäderfrässig tut, zeigt wenig Dankbarkeit.


Aus der Bibel: 2.Korinther 10,31 „Ob ihr nun esst oder trinkt oder was ihr auch tut, das tut alles zu Gottes Ehre.“

Zu Gottes Ehre essen und trinken! Was heisst das? Gott ehren – indem ich anerkenne, dass er der Geber des Essens und Trinkens ist. Ihm gehört Dank. Und Gott ehren, verbietet
· mit dem Essen verschwenderisch umzugehen
· verbietet zu nörgeln
· verbietet es, dass ich selbstverständlich alles bekomme, was mein Herz begehrt.

Es gibt auch eine geistliche Ernte.
Gibt es eigentlich Parallelen zwischen dem Umgang mit geistlicher Nahrung und der Nahrung für unsere Mägen. Könnte es sein, dass ich mit der geistlichen Nahrung so umgehe, wie ich mit der körperlichen Nahrung umgehe? Im Sinn von: „Zeig mir wie du isst und mit der Nahrung umgehst und ich sage dir, wie du mit den Predigten umgehst.“
Z.B.
· Einfach schlucken, was so daherkommt? – „Meine Frau wird ja schon wissen, was gut ist für mich – mein Prediger auch“.
· Schnäderfrässig tun. Heikel tun.
· Nörgeln und doch essen.
· Alles, was mir nicht passt: Wegschmeissen. (Ist nicht gerade das Gesunde oft nicht so ausgesprochen schmackhaft…?)
· Keinen Wert auf das Essen legen.
· Freudlos die Sache hinter mich bringen.

Hier gilt besonders die biblische Aussage: Was ich säe, das ernte ich auch.
Wer Unkraut gesät hat, der erntet Unkraut.
Wer Gutes gesät hat, der erntet Gutes.

Aber Gott in seiner Güte ist da noch liebender, als ich mir das denken könnte: Auch wenn ich ein Leben lang Unkraut gesät habe und jetzt reuig mein Werk ansehe und zu ihm gehe und sage: „Das war falsch, es tut mir leid, ich bitte dich, dass du mir vergibst und von jetzt an mir beim Säen hilfst“, dann sagt er mir: „Ich vergebe Dir! Ich freue mich, dass du als verlorener Sohn zu mir zurückgekommen bist!“
Dafür ist Jesus gestorben, dass ich solche Vergebung erfahren darf.
Es ist Zeit zu Ernten. Das heisst, Gott sammelt seine Menschen, seine Kinder ein. Er hat viel in uns investiert – hat uns gepflegt, gestützt, gedüngt, geschnitten, (in die Baumschule genommen) – jetzt ist die Zeit der Ernte. Er will mich von meinen weltlichen Wurzeln abschneiden und mir ein neues Leben mit ihm zusammen geben.
In der Ernte wird auch gestorben. Da ist die Zeit des Blühens vorbei. Da kommt der Schnitter. Da gilt es ernst. Da werden die Früchte begutachtet. Da wird sortiert und ausgelesen.
Wie werde ich in dieser Ernte beurteilt? Als gute Frucht? Menschlich gesehen, ist niemand eine gute Frucht. Aber durch Jesus bin ich von Gott angenommen.
Wie werde ich in dieser Ernte beurteilt? Ein Mensch mit guten Früchten? Da ist mein Mass nicht voll und faule Früchte habe ich auch vorzuweisen. Aber durch Jesus bin ich von Gott angenommen.
Christlicher Glaube heisst, diesem Jesus Christus vertrauen. Vertrauen, dass er es gut macht. Darum vertraue ich ihm und lege mein Leben ganz in seine Hand.

Samstag, September 02, 2006

Gelähmte stehen auf die Beine

Während eines Evangelisationseinsatzes in der Ukraine besuchten wir in kleinen Gruppen Menschen in den nahen Dörfern.
Ich war mit einem Studenten aus dem 1. Jahrgang und einem Übersetzer unterwegs. Dieser führte uns in einem Dorf in eine „Bruchbude“. Dort lag eine Frau (schätzungsweise 50 jährig) in einem Bett. Sie konnte kaum noch atmen. Essen auch nicht. Sie hatte einen riesengrossen Kropf oder Tumor am Hals. Kein Geld für ärztliche Behandlung. Etwas Pflege durch die Angehörigen, etwas Beistand durch die Freikirche. Einziges Medikament: Narkoseäther und irgendein Oel das sie zusammenmischte und inhalierte.
Meine medizinischen Weisheiten sagten mir: Wenn das so weiter geht, lebt sie nicht mehr lange.
Was hatten wir zu bringen: Einige Esswaren aus dem Hilfsgütertransport, uns als Besuch aus dem Westen (das ist für solche Leute eine grosse Ehre) und Jesus. Wir lasen etwas aus der Bibel vor, beteten mehr schwach und hilflos als vollmächtig und stark und gingen niedergeschlagen weg.
Zwei Jahre später war ich wieder in dieser Gegend und ich fragte nach dieser Frau. Sofort sagten die Leute der Kirche, dass wir sie besuchen gehen können. Als ich wieder dieses Zimmer betrat, stand die Frau freudenstrahlend, gesund und lebensfroh vor mir. Sie hatte unterdessen keine andern „Behandlungsmethoden“ gehabt. Sie wurde von Jesus geheilt!

Eine andere Heilung geschah in Jerusalem:

Apostelgeschichte 3,1 Petrus aber und Johannes gingen hinauf in den Tempel um die neunte Stunde, zur Gebetszeit. 2 Und es wurde ein Mann herbeigetragen, lahm von Mutterleibe; den setzte man täglich vor die Tür des Tempels, die da heißt die Schöne, damit er um Almosen bettelte bei denen, die in den Tempel gingen. 3 Als er nun Petrus und Johannes sah, wie sie in den Tempel hineingehen wollten, bat er um ein Almosen. 4 Petrus aber blickte ihn an mit Johannes und sprach: Sieh uns an! 5 Und er sah sie an und wartete darauf, dass er etwas von ihnen empfinge. 6 Petrus aber sprach: Silber und Gold habe ich nicht; was ich aber habe, das gebe ich dir: Im Namen Jesu Christi von Nazareth steh auf und geh umher! 7 Und er ergriff ihn bei der rechten Hand und richtete ihn auf. Sogleich wurden seine Füße und Knöchel fest, 8 er sprang auf, konnte gehen und stehen und ging mit ihnen in den Tempel, lief und sprang umher und lobte Gott. 9 Und es sah ihn alles Volk umhergehen und Gott loben. 10 Sie erkannten ihn auch, dass er es war, der vor der Schönen Tür des Tempels gesessen und um Almosen gebettelt hatte; und Verwunderung und Entsetzen erfüllte sie über das, was ihm widerfahren war.

Es ist die Zeit nach Pfingsten: Jesus ist gestorben und auferstanden, den Jüngern noch einmal begegnet und dann aufgefahren in den Himmel. Petrus und Johannes, beides Jünger von Jesu leben nun hier in Jerusalem, gehen regelmässig zum Tempel um zu beten.
Vor der Tempeltür hockt jeden Tag dieser Gelähmte. Man kennt ihn. Er ist seit Geburt lahm.
Und ich will da nicht blauäugig sein: Seine Krankheit wird ausgenützt. Man kann von Krankheit und Kranken auch profitieren. Es ist kaum pure Nächstenliebe, dass die Leute den Lahmen jeden Tag zum Tempeltor tragen, damit er betteln könne. Der Lahme ist voll abhängig von diesen „Trägern“. Und es ist wahrscheinlich, dass diese sein erbetteltes Geld nehmen. Sicher „versorgen“ sie ihn auch mit dem Nötigsten. Aber mehr nicht.
Ausnützung von Schwachen und Kranken gibt es heute nach wie vor. Stichworte: Verdingkinder, Pflegekinder. Da gab und gibt es immer wieder Leute die absahnen. Oder: Ein Teil unserer Gesundheitskosten ist unter dem Kapitel Ausnützung der Notsituation zu verbuchen.
Unser Gesundheitswesen ist ein riesiger Wirtschaftszweig geworden. So gib es schweizweit mehr Arbeitsplätze im Gesundheitswesen als in der Metallindustrie.
Ich habe in Israel mit einem Bettler gesprochen, der einen riesigen Bruch im Unterleib hatte. Auf die Frage, warum er das nicht operieren lasse, antwortete er, dass er nicht wolle (nicht: nicht könne, z.B. aus Geldmangel!). Er hatte keinen Beruf, respektive Betteln war sein einträglicher Beruf.
Und Petrus und Johannes gehen an diesem Kranken nicht vorbei. Beten im Tempel könnte ihnen ja wichtiger sein. Aber vielleicht erinnern sich die beiden an die Geschichte die ihnen Jesus erzählt hatte: Der barmherzige Samariter (Lukas 10,30-37).
Wichtig dann: Petrus und Johannes sahen den Kranken und der Kranke sah sie.
Wie oft schaue ich weg!
Mit Wegschauen kann ich mich recht gut von Forderungen, Ausnutzung, mühsamen Taten fernhalten. Aber Gott will, dass ich hinschaue, den Andern sehe – und das gilt sowohl für mich als den (potenziellen) Helfer wie auch für mich den Kranken, den Hilfsbedürftigen.
Dann das Zentrum unseres Textes: V. 6 „Petrus aber sprach: Silber und Gold habe ich nicht; was ich aber habe, das gebe ich dir: Im Namen Jesu Christi von Nazareth steh auf und geh umher!“
Was du erwartest habe ich nicht. Aber was ich habe, das gebe ich dir. Petrus und Johannes haben – Jesus.
Und wenn Petrus da sagt „Im Namen Jesu Christi von Nazareth“, dann bedeutet das, dass diese Heilung ganz in der Anwesenheit von Jesus geschieht. Jesus heilt hier.

Jesus ist auch anwesend, wenn ich in seinem Namen für Heilung bete.

Weiter sehe ich noch in diesem Text: Der Geheilte lobte Gott. Er war dankbar – das ist die einzige und richtige Reaktion.
Diese Heilung war ein Zeugnis für die Menschen für das Volk. Anschliessend an diese Heilung predigte Petrus dann diesen Leuten. Hier sehen ich den Zusammenhang von Predigen und Heilen.
So kommen Menschen zum Glauben an Jesus.
Und das ist auch mein Auftrag heute: Predigen und heilen!

Die Hauptaussage sehe ich darin: „Was ich habe, das gebe ich dir.“
Doch da setzt auch meine Selbstkritik ein: Ich/wir haben Silber und Gold – geschehen darum bei mir/uns recht wenig übernatürliche Heilungen?
Silber und Gold könnten sein: Aerztedichte, Pharmaindustrie, medizinisch ist vieles machbar und bei uns sogar bezahlbar…

Wie gehe ich damit um?
Bei Krankheit den Arzt aufsuchen – das will ich hier nicht weiter ausführen – auf diese Idee komme ich schnell und ich wurde ja genügend darauf trainiert.
Bei Krankheit: Gott suchen – ich darf ihn vorerst auch nach dem Warum und dem Wozu fragen (oft gibt er da aber nicht sofort bis gar nie Antwort).
Es gibt selbstverschuldete Krankheiten – da wäre zuerst etwas bei mir zu ändern.
Also Gott fragen – sozusagen eine „Fremdbeurteilung“ durch Gott durchführen lassen. (Sünde? Schuld?)
Erfahrungsgemäss ist das aber weniger die Ursache von Krankheiten. Wobei, rein theoretisch, Krankheit sehr oft aufgrund von Sünde entstanden ist. Anders gesagt: Krankheit hat ihren Platz nur im Umfeld von Sünde – im Paradies, im Himmel gibt es keine Sünde mehr und auch keine Krankheit. Manche von uns müssen Krankheiten erleiden, weil sie in einem sündigen Umfeld leben – sie können gar nichts dafür, müssen aber unter den Sünden von andern leiden.
Beispiel: Asthmakinder – Asthma nimmt extrem zu. Warum? Es gibt mehrere Faktoren – aber der der Luftverschmutzung ist sicher da. Wir verschmutzen unverantwortlich die Luft – das ist Sünde.
Ich meine, dass man sehr sorgfältig hinschauen soll und nicht über andere urteilen soll. Aber ich bin gefragt, mich selber zu beurteilen – mit Gottes Hilfe. Nur Gott sieht die Wahrheit ganz.

Aber dann gibt es oft auch Krankheiten, da sieht niemand den Grund, noch den Sinn, noch eine Lösung, noch eine Heilung. Und dann…?

Jesus heilte sehr viele Menschen. Aber es gab um Jesus auch viele kranke Menschen, die er nicht heilte. Es ist eine verhängnisvolle Vereinfachung biblischer Aussagen, wenn du sagst, dass Gott keine Krankheit will und wenn ich nur recht mit ihm zusammen bin auch keine habe. Wenn ich an ihn glaube - dann halt eben richtig glaube (oft heisst das dann in deinem Sinn, nach deiner Form glaube), meine Krankheit geheilt wird und ich nicht krank werde.

Ein wesentlicher Aspekt meines Christseins und damit auch unseres Gemeindeseins ist, Krankheiten zu tragen, zu erleiden. Das heisst auch, sie zuzulassen – sie zu sehen. Kranke sollen bei mir nicht Aussenseiter sein. Sie sollen keine Ausgestossenen sein – etwa so wie im Mittelalter, als die „Siechen“ ausserhalb der Stadt leben mussten.

Darum waren es die Christen, die der Krankenpflege ihren Stellenwert gaben.

Gleichzeitig habe ich als Christ die Aufgabe für die Kranken zu beten. Um Heilung zu beten. So wie Petrus und Johannes dem Lahmen begegnet sind, soll auch ich den Kranken begegnen:
· Ihnen geben, was ich habe – sie pflegen
· Und sie bei der rechten Hand nehmen, sie aufrichten und auf Gott vertrauen, dass er heilt.

Ich spüre die Spannung, die aus diesen beiden Aufträgen: pflegen und heilen – entsteht.
Wann ist was dran?

Da will ich ehrlich eingestehen – ich weiss das nicht, ich haben keine Regeln dazu. Ich lasse mich führen durch den dreieinigen Gott!

Praktisch heisst das, dass ich immer wieder in der Situation bin, dass ich um Heilung bete, die dann nicht eintritt. Oder dass ich Wunden pflege, über denen ich ein Gebet um Heilung hätte sprechen sollen.

Praktisch heisst das für mich, dass ich beides tue.
Und dann Gott sage: ok. Es ist gut so. Dein Wille geschehe. Das gibt mir dann auch wieder eine gewisse Gelassenheit – ich kann es Gott überlassen.

Die andere Reaktion wäre: Suchen und mich hinterfragen, ob ich doch zuwenig gebetet und geglaubt habe (das habe ich immer! – auch wenn eine Heilung eintrat). Aber das entspricht nicht meinem gnädigen Gott, der ohne meine Leistung mich immer wieder überrascht und beschenkt.

Liebe ist: Wenn die Pflegenden mutig mehr um Heilung bitten und die Heilenden mutig mehr pflegen.

Noch ein anderer Gedanke zu diesem Text: Wir sind alle Gelähmte – im übertragenen Sinn. In jedem unserer Leben gibt es Lähmungen. Da und da bin ich nicht frei, bin ich wie gelähmt: Durch Vorstellungen wie es ist, wie es sein könnte, wie der und der ist. Gefangen in Erwartungen, Erfahrungen, Vorurteilen, gefärbten Brillen.
Oft merke ich das gar nicht. Oft bin ich sogar noch gerne in dieser Situation – ich profitiere davon ja auch.
Aber Gott möchte mich befreien. Möchte diese Lähmungen in meinem Leben, durch die ich nicht gehen, stehen, tanzen und Gott loben kann, wegnehmen.
Jesus selber sagt mir: „Sieh mich an! Was ich habe, das gebe ich dir! Ich habe ein neues Leben für dich! Ergreif meine rechte Hand, die ich dir schon lange hinstrecke. Steh auf aus deinem alten Leben. Geh mit mir zusammen.“
Wenn ich diese Hand ergreife, heisst das hier im Leben gehen und stehen können (das kann durchaus auch mit körperlichen oder psychischen Behinderungen einhergehen). Gott loben. In den Tempel (das ist heute die christliche Gemeinde am Ort) gehen. Frei werden, damit ich ein Leben mit Gott zusammen leben kann.

Jesus fragte die Kranken oft, bevor er sie heilte: „Willst du das?“

Es ist nicht schwierig. Es braucht keine grossen Glaubenstechniken, spirituelle Übungen oder spezielles Wissen.
Es braucht diesen kindlichen Glauben – dieses Vertrauen auf den dreieinigen Gott: Du bist da, du liebst mich, du führst mich gut, dein Wille ist gut und darum wird es auch gut.