Mittwoch, September 03, 2008

Gott bewahre meinen Geist

„Gott bewahre meinen Geist“ Eine gar fromme Aussage. Sie setzt voraus, dass es einen Gott gibt, dass der sogar bewahren – also handeln – kann und dass ich einen Geist habe. Einen Geist im Sinn von „ich bin nicht nur Körper, sondern auch Geist“. Mein Geist der denkt, der mich lenkt, die Steuerungszentrale – der irgendwo im Hirn, in den Nervenbahnen, im Herz und im Bauch unsichtbar wirkt. Dessen Auswirkungen dann aber offenbar werden in: Taten, Lebensgestaltung, Aktionen, Reaktionen.

Geist, Seele, Körper
Im 1. Thessalonicherbrief 5,23 steht der klassische Satz der Ganzheitlichkeit von uns Menschen: „Er aber, der Gott des Friedens, heilige euch durch und durch und bewahre euren Geist samt Seele und Leib unversehrt, untadelig für die Ankunft unseres Herrn Jesus Christus.“ Der Beweis, dass Gott uns als ganze Menschen sieht: Bestehend aus Geist, Seele und Körper. Das ist nicht eine Sichtweise, die aus den fernöstlichen Religionen importiert wurde, auch nicht auf der esoterischen Welle reitet – das ist altes biblisches Denken – der Mensch als Einheit von Körper, Seele und Geist.
Und in unserer materiellen Welt, wo Handfestes, Messbares, Geldbringendes, Berechenbares, Versicherbares, Zählbares so hoch im Kurs steht – sehe ich den Drittel „Körper“ der dieser Welt entspricht gegenüber den zwei Dritteln „Geist und Seele“. Das lässt zumindest erahnen, dass es da mehr gibt als Materielles.
Ja, es gibt mehr als Körper! Und wenn wir schon von östlichen Religionen, Philosophien und esoterischen Wellen – der Dalai Lama haut voll in diese Kerbe – reden, dann merken wir, dass diese 2/3 des Menschen - Geist und Seele – auch an andere Mächte und Kräfte anvertraut werden können, die dann nicht so fürsorgerlich-liebend wie das Gott tut, sich ihrer annehmen.
Oft wider besseren Wissens, verkaufen wir unsere Seele und unseren Geist an „Seelsorger“ die sich als „Seelenfänger“ herausstellen – leider meist sehr spät – zu spät um ohne Schaden davon zu kommen.

Der Schreiber des Briefes an die Christen in Thessalonich (Paulus) weiss davon. Am Anfang des Briefes lobt er diese Christen, diese Gemeinde: Sie haben sich beispielhaft, vorbildhaft verhalten, waren erfüllt vom Geist Gottes, von Gottes Wort, von der Predigt die Paulus und andere Prediger ihnen hielten. Sie waren in Hirn, Nerven, Herz und Bauch erfüllt vom Geist Gottes, vom Wort Gottes, von den Predigten und das hatte Auswirkungen in ihrem persönlichen und gemeinschaftlichen Leben: Sie taten Gutes und waren Licht in ihrer Umgebung.

Nun am Schluss des Briefes ermahnt Paulus genau diese, zuerst so gelobte Gemeinde. Offenbar stehen auch sie in der Gefahr zu erlahmen.
Es gibt im Christenleben plötzlich diese Zeit der Gewöhnung. Wie ein dunkler Schatten kommt sie über mich. Mein Hirn, Mein Herz, Mein Bauch scheinen vom Heiligen Geist und von Gottes Worten wie verlassen, „gereinigt“ zu sein. Da ist nur noch Leere. Und die Predigt berührt nicht mehr. Und meine Hände tun nicht mehr, was Licht wäre, was Hilfe wäre, was Segen wäre.

Die Gewöhnung an das Heilige betrübt nun den Heiligen Geist.

Christenleben wird zum religiösen Leerlauf.

Gegen jegliche Aussage in der Predigt bin ich immun. Geimpft gegen das Reden Gottes, höre ich ihn nicht mehr. Höchstens denke ich noch: „Ja, ja, hab ich auch schon gehört und - überlebt.“
Nichts vom Heiligen Gottes bewegt mich noch.
Aber was mich jetzt mehr und mehr bewegt ist:
· Was in den Zeitungen steht
· Was die Glotze täglich bringt
· Wie meine Familie und ich selber den sozialen Status behalten und wenn möglich noch etwas ausbauen können
· Wie ich im Beruf weiterkomme
· Welche Schachzüge ich machen musst um zu mehr Geld zu kommen
· Das Lied „immer mehr von Dir“ reduziert sich da auf das „immer mehr“.

Mir kommt da die Geschichte in den Sinn, die Leo Tolstoi geschrieben hat:
In einem unbedachten Moment spricht der Bauer: „Wenn ich soviel Land hätte, wie ich wollte, könnte mir niemand, auch nicht der Teufel etwas anhaben.“ Und der Teufel hört das und die Geschichte nimmt unter seiner Führung den Verlauf: Der Bauer bekommt – wie, das wird dann anschaulich erzählt und hat so viele Parallelen zu unseren Geschäftsmachenschaften – immer mehr Land. Zuletzt steht er vor einem riesigen Landstück. Der Besitzer sagt ihm, dass er soviel Land für tausend Rubel haben kann wie er will – nur eine Bedingung: Er muss in einem Tag dieses Land an seinen Grenzen abschreiten und bei Sonnenuntergang wieder am Ausgangspunkt sein. Viele Gedanken gehen da dem Bauern durch den Kopf: Z.B. Lieber einen Tag mich einsetzen und leiden, als ein Leben lang kümmerlich leben. Er träumt, wie er das viele Land sinnvoll braucht – auch die Armen sollen davon etwas haben – usw.
Und er rennt los, die Grenzen abzuschreiten, soviel Land wie möglich einzunehmen. Er schafft es dann auch mit letzter Kraft. Der Verkäufer schreit: „Was für ein Mordskerl! Allerhand Land hat er an sich gebracht!“ Doch aus dem Mund des Bauern fliesst Blut – er ist tot.
Habgier hat ihn umgebracht – der Teufel hat gesiegt.
Leo Tolstoi.

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Äusserlich mag mein Leben noch recht gut in Bewegung sein. Aber die Motivation, der Antrieb kommt nicht mehr von Gott.
Ich kann mich an das Heilige so gewöhnen, dass

· Das heilige Gebet mechanisch wird.
· Die Bibellese zur reinen Routine wird.
· Der Gottesdienstbesuch nur noch einer der Termine in der Woche ist.
· Das Abendmahl – keine Ahnung – macht man halt so in der Kirche.
Die Liebe zu Gott und den Nächsten erkaltet – nebenbei interessant – in dieser Situation kann die Liebe zu mir selber schön heiss werden!

Reifer Glaube sucht immer wieder den lebendigen, dreieinigen Gott in dem was ist. Und fragt ihn, bespricht es mit ihm.

Der ganze Text von 1. Thessalonicher 5,14-24 zeigt mir zwei Schienen, wie ich geistlich auf Kurs bleiben, geistlich leidenschaftlicher werden und auf dem Weg mit Jesus bleiben kann – wie ich meine Seele, meinen Geist und meinen Körper nicht fremden, bösen, ungesunden Möchten überlassen muss.

Die erste Schiene
Tun was Gott will – den Ermahnungen folgen: V. 14-22
· Bin ich unordentlich – werde ich ordentlich und lass mir dabei helfen
· Bin ich kleinmütig – höre ich den Trost und die Mut machenden Worte
· Bin ich schwach – lass ich mich tragen – bin ich stark trage ich und zeige nicht mit meinen Fingern auf den Schwachen
· Wer hilft, soll geduldig sein.
· Antworte ich dem Bösen nicht mit Bösem – vielmehr: So wie ich möchte, dass man mir begegnet, begegne ich dem Andern
· Ich bin fröhlich – Fröhlichkeit genährt aus einer neuen Sicht für meine Lebenssituation – neue Sicht, weil es Gottes Sicht ist.
· Und ich bete ohne Unterlass.
Auf die Frage an einen Missionsarzt, wie es ihm gehe hat dieser geantwortet: „Es geht mir gut, in dem Mass, als ich bete.“
· Ich bin dankbar in all dem - lasst euch genügen, was ihr habt, seht was ihr habt – so viel Gutes – denn weniger ist mehr – dafür habe ich auch Zeit für das alles zu danken…

Die zweite Schiene
Dem Gott vertrauen, der das in mir bewirkt: Er ist der wahre Seelsorger. Er ist der, der Hirn, Nerven, Herzen und Bauch verändern kann. Er heilt. Und das tut er auch. Er ist der, der meinen Geist, meine Seele, meinen Körper bewahren kann.
Wir sind sehr verletzlich, bedürftig, sensibel. Wir sagen schnell unbedacht etwas, das der Teufel gerne hört und brauchen kann. Wir entscheiden uns ohne Gott immer wieder falsch.
Diesem Gott vertrauen – vertrauen, dass er diese Verheissungen auch erfüllt – das ist Glauben. Das ist Festhalten an seinen Verheissungen.
V. 24. „Treu ist er, der euch ruft; er wird’s auch tun.“
Ich will tun was er will. Und ich will, was er tut.

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