Samstag, Dezember 16, 2006

Das Wort Gottes kommt zu mir

Ich lebe im hier und jetzt und vielleicht auch manchmal noch etwas in der Zukunft. Wenn ich mich aber zurückbesinne, bin ich schnell bei meinen Zeitgenossen ein altmodischer Kirchengeschichtler oder ein untröstlicher Weltenflüchter.
Das Lied „Macht hoch die Tür“, das jetzt in der Adventszeit wieder gesungen wird – es ist vor 300 Jahren geschrieben worden…
300 Jahre sind eine lange Zeit. Was war schon vor 300 Jahren? Da hatten sie noch nichts. Die wussten wohl auch nichts. Vielleicht war da noch was mit Kriegen, Pfeilbogenschützen und Rittern – ich weiss auch nicht so genau… Auf jeden Fall muss ich morgen noch das neue

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kaufen gehen. Das ist doch unsere Welt – die täglichen Geschäfte…
Dieses Jahr haben wir noch weniger Zeit bis wir alles beieinander haben - die Weihnachtseinkäufe getätigt haben - weil der 4. Advent ausgerechnet auf den 24. Dezember zu liegen kommt - der Stress ist da.
Ich frage mich jedes Jahr wieder das Gleiche in dieser Zeit: Muss das wirklich sein? Wie kann ich da ausbrechen? Und es gelingt mir nur stückweise und dort wo es mir gelingt – schaffe ich mir auch schon feindlich gesinnte Mitmenschen…

Dabei habe ich doch etwas ganz Wesentliches, das mich völlig legitimiert, dieses Geschenkemachenmüssen, respektive dieses Freudemachenmüssen beiseite zu lassen: Das Wort Gottes.
Ich erwarte das Wort Gottes. Kommt es zu mir? Ist es da?
Das kann ich nicht machen und einpacken. Ja, das kann ich nicht kaufen!
Das wird mir geschenkt – oder eben nicht.

Das Einzige was ich dabei tun kann, ist warten. Sicher: Bittend, offen, erwartungsvoll warten. Wach warten. Hoffend warten.
Das braucht: Stille, Ruhe, Hören, Geduld.
Nur so kommt das Geschenk Gottes, das Wort Gottes zu mir – geheimnisvoll.
Mich prägt da ganz stark Johannes 1: „1 Im Anfang war das Wort, und das Wort war bei Gott, und Gott war das Wort. 2 Dasselbe war im Anfang bei Gott. 3 Alle Dinge sind durch dasselbe gemacht, und ohne dasselbe ist nichts gemacht, was gemacht ist.1 4 In ihm war das Leben, und das Leben war das Licht der Menschen. 5 Und das Licht scheint in der Finsternis, und die Finsternis hat's nicht ergriffen. 6 Es war ein Mensch, von Gott gesandt, der hieß Johannes. 7 Der kam zum Zeugnis, um von dem Licht zu zeugen, damit sie alle durch ihn glaubten. 8 Er war nicht das Licht, sondern er sollte zeugen von dem Licht. 9 Das war das wahre Licht, das alle Menschen erleuchtet, die in diese Welt kommen. 10 Er war in der Welt, und die Welt ist durch ihn gemacht; aber die Welt erkannte ihn nicht. 11 Er kam in sein Eigentum; und die Seinen nahmen ihn nicht auf. 12 Wie viele ihn aber aufnahmen, denen gab er Macht, Gottes Kinder zu werden, denen, die an seinen Namen glauben, 13 die nicht aus dem Blut noch aus dem Willen des Fleisches noch aus dem Willen eines Mannes, sondern von Gott geboren sind. 14 Und das Wort ward Fleisch und wohnte unter uns, und wir sahen seine Herrlichkeit, eine Herrlichkeit als des eingeborenen Sohnes vom Vater, voller Gnade und Wahrheit. 15 Johannes gibt Zeugnis von ihm und ruft: Dieser war es, von dem ich gesagt habe: Nach mir wird kommen, der vor mir gewesen ist; denn er war eher als ich. 16 Und von seiner Fülle haben wir alle genommen Gnade um Gnade.“

Als diese Worte geschrieben wurden, waren auch 300 Jahre vergangen. 300 Jahre in denen nichts von diesem Wort Gottes zu vernehmen war. Sicher man erzählte sich noch die alten Geschichten
- Wie Gott die Welt erschuf
- Wie er das Volk aus Aegypten befreite
- Wie Israel mit seinem Gott Siege feierte
- Und wie der David dem Goliath es zeigte
Aber seit mehr als 300 Jahren war da nichts mehr los.
Alles was mit diesem Gott noch etwas zu tun hatte, wurde mit Füssen getreten. Grosse Herrscher hatten das Land und die Menschen fest im Griff. Und hätte man jemanden auf der Strasse gefragt: „Wo ist denn Gott?“ Er hätte geantwortet: „Gott? Aus welchem Friedhof bist du denn entwichen?“
Und wenn du weiter gefragt hättest: „Was gibt dir denn Sinn und Halt in deinem Leben?“ Hätte er gesagt: „Ach, die politische Struktur unserer Gesellschaft ist jetzt so ausgefeilt, dass sie genügend Halt und Ordnung gibt. Und für religiöse Bedürfnisse haben wir ja noch eine ganze Palette von Göttern, Kulten, Ritualen, Übungen, Beratungen, Schriften und Orten mit starken Kräften.“
Da glich die Zeit doch wesentlich der unsrigen!

Es gab zwar noch einige Unverbesserliche. Bei denen hatte man zumindest den Eindruck, dass sie etwas mehr haben als die Andern und immer wieder zu diesem einzigen und wahren Gott beten würden – wie sie sagten. Sie unterhielten auch noch diese altmodischen Gottesdienste mit Priester und so… Und sie sagten, dass ihr Herr – damit meinten sie wohl Gott – zu ihnen kommt. Sie haben auf ihn gewartet!

Ich merke hier die Parallele unserer Zeit mit jener Zeit - der Zeit kurz vor der Geburt Jesu. Sie hatte viele ähnliche Gegebenheiten, wie wir sie heute haben.
Der Grossteil der Bevölkerung war damit beschäftigt „zu essen, zu trinken, zu heiraten“ (Matthäus 24,38).
Und nur ein kleiner Teil der Bevölkerung sah erwartungsvoll zum Himmel hinauf, ob Gott nicht doch endlich kommen würde.

Einer, der so nach oben schaute, war Zacharias. Er war Priester und er war alt. Wohl sein Leben lang hatte er auf ein Zeichen, ein Wunder, ein Wort, eine Tat, ein Eingreifen von Gott gewartet.

Eine meiner grossen Anfechtungen / Verführungen ist, dass ich nicht mehr warten kann. Auch wenn ich noch wollte, ich werde gezwungen zu hetzen, zu tun, Resultate zu liefern, Jahresabschlüsse zu präsentieren, Boni einzusacken und schon das nächste Jahr zu verplanen.
Zacharias hat gewartet. Ein Leben lang hat er turnusgemäss den Dienst im Tempel getan. Immer gleich, ohne ein spezielles Ergebnis.
Es war aber nicht die falsche Methode, die Insuffizienz seines Dienstes, die mangelnde Bereitschaft auch Neues zu wagen – ich denke, dass Zacharias ganz stark verwurzelt war in der biblischen Weisheit: „Das Warten der Gerechten wird Freude werden; aber der Gottlosen Hoffnung wird verloren sein.“ (Sprüche 10,28) Von ihm und seiner Frau Elisabeth ist geschrieben, wie sie in diesem Warten gelebt haben: „Fromm vor Gott, in allen Geboten und Anweisungen Gottes untadelig.“ (Matthäus 1,6).

Und dann geschieht etwas plötzlich, unerwartet, während seinem routinemässigen Dienst im Tempel: Ein Engel begegnet ihm und spricht mit ihm! Und dieser Engel sagt ihm, was jetzt dann weiter mit ihm geschehen wir – er wird einen Sohn bekommen und dem soll er den Namen Johannes geben.

Zacharias heisst aus dem Hebräischen übersetzt denn auch: „Jahwe hat sich erinnert“. Nach mehr als 300 Jahren…!

Das hat dem Zacharias die Sprache verschlagen – nein, dass er jetzt nicht mehr sprechen konnte, war eine kleine Strafe des Gottesboten namens Gabriel, weil er diesem Engel nicht gleich geglaubt hat. Zacharias konnte jetzt nichts mehr sagen. Und das neun Monate lang nicht: Stille, Ruhe, Schluss mit eigenen Worten.

Dann wurde sein Sohn, der Johannes, der später der Täufer ist, geboren.

Und jetzt kann der Zacharias wieder reden – und er plappert nichts von Grösse, Gewicht und Augenfarben, sondern, es bricht ein Loblied aus ihm heraus, von Gott eingegeben, durch den Heiligen Geist bewirkt:

Lukas 1,67 Und sein (Johannes) Vater Zacharias wurde vom Heiligen Geist erfüllt, weissagte und sprach: 68 Gelobt sei der Herr, der Gott Israels! Denn er hat besucht und erlöst sein Volk 69 und hat uns aufgerichtet eine Macht des Heils im Hause seines Dieners David 70 - wie er vorzeiten geredet hat durch den Mund seiner heiligen Propheten -, 71 dass er uns errettete von unsern Feinden und aus der Hand aller, die uns hassen, 72 und Barmherzigkeit erzeigte unsern Vätern und gedächte an seinen heiligen Bund 73 und an den Eid, den er geschworen hat unserm Vater Abraham, uns zu geben, 74 dass wir, erlöst aus der Hand unsrer Feinde, 75 ihm dienten ohne Furcht unser Leben lang in Heiligkeit und Gerechtigkeit vor seinen Augen. 76 Und du, Kindlein, wirst ein Prophet des Höchsten heißen. Denn du wirst dem Herrn vorangehen, dass du seinen Weg bereitest 77 und Erkenntnis des Heils gebest seinem Volk in der Vergebung ihrer Sünden, 78 durch die herzliche Barmherzigkeit unseres Gottes, durch die uns besuchen wird das aufgehende Licht aus der Höhe, 79 damit es erscheine denen, die sitzen in Finsternis und Schatten des Todes, und richte unsere Füße auf den Weg des Friedens. 80 Und das Kindlein wuchs und wurde stark im Geist. Und er war in der Wüste bis zu dem Tag, an dem er vor das Volk Israel treten sollte.

Jetzt, nach so langem Warten, bricht eine Freudenzeit an! Da gibt es keine theologischen Abhandlungen – da ist ein Freudenlied, ein Danklied, Jubel dran!
Diese Jubelzeit wird kurze Zeit später vollkommen gemacht, mit der Geburt von Jesus Christus.
Aber schon die Geburt des Wegbereiters ist ein Ereignis über alle Erwartungen und alle Überlegungen.

Manche sagen: Wenn du nichts erwartest, bekommst du auch nichts von Gott. Wenn du viel erwartest, bekommst du auch viel.
Diese Regel muss ich in zweifacher Weise relativieren: 1. Die Erwartungen müssen sich mit der Bibel decken, respektive aus ihr genommen, begründet sein.
Und 2.: Die Erwartung wird hier durchbrochen. Es geschieht hier Grösseres als die Juden damals in ihrer Messiaserwartung gehofft haben. Niemand hat sich das vorher ausgedacht. Die Menschen in ihrem Elend wurden überrascht.

Zacharias sieht hier mit Hilfe des Heiligen Geistes: In Jesus Christus wird das göttliche Licht in die finstere Welt – in den Schatten des Todes - kommen, zu uns kommen und wird leuchten und scheinen. Den Menschen wird ein Licht aufgehen: Die Erkenntnis des Heils, indem ihnen die Sünden vergeben werden.
Das Licht, das Jesus heisst, beleuchtet von nun an unsere Leben. Ich kann in diesem Licht vor allem zwei Dinge sehen: Meine Sünden und Gottes herzliche Barmherzigkeit.

68 Gelobt sei der Herr, der Gott Israels! Denn er hat besucht und erlöst sein Volk.