Samstag, April 08, 2006

Palmsonntag

Ich merke immer mehr, dass es sich lohnt in einem „liturgischen“ Rahmen zu leben (Liturgie: Lehre von den Formen/Ordnungen des Gottesdienstes – wobei ich gelernt habe, dass es zwei Gottesdienste gibt: einer am Sonntagmorgen und einer im Rest der Woche – und immer geht es um Anbetung Gottes. Es geht um mein gottesdienstliches Leben). Das Kirchenjahr bietet sich als solcher Rahmen an! Es richtet mein Leben aus auf: Gottes Gedanken, Gottes Willen, Gottes Weg, Gottes Geschichte.

Im Kirchenjahr ist der Palmsonntag der Erinnerungstag an Jesus, wie er in Jerusalem einzog:
Auf einem Esel, von der Menschenmenge begeistert empfangen, Palmblätter und Kleider auf dem Boden – als Zeichen der Freude, der Feier, des Jubels. Riesiger Empfang!
Sie riefen:
Matthäus 21, 9: Hosianna dem Sohn Davids! Gelobt sei, der da kommt in dem Namen des Herrn! Hosianna in der Höhe!
Sacharja 9,9: Juble laut, Tochter Zion, jauchze, Tochter Jerusalem! Siehe, dein König kommt zu dir: Gerecht und siegreich ist er,….

Das ist auch mein König, der siegreich einzieht, den ich jubelnd empfangen will, der mich begeistert, den ich anbete, dem ich Lieder singe:

„Jesus, du bist König in unsrer Mitte“
„Hosianna, Hosianna, Hosianna sei dem König“

Aber irren ist menschlich.
Man täuscht sich.

Palmsonntag steht nicht für sich alleine. Er ist eng mit der Passionswoche, dem Karfreitag und Ostern verbunden.

Oft liegt man schief mit seinen Ansichten über Gott, sein Wirken, sein Wille, sein Geist.
Wir neigen zu Einseitigkeiten, Übertreibungen.

Die Zeit im Kirchenjahr um Ostern bringt das sozusagen kalendarisch ins Gleichgewicht, zeigt den Weg der Jesus ging und ich zu gehen habe auf:
1. Palmsonntag: Jesus empfangen, in mein Herz lassen.
2. Passionswoche: Leidenszeit auch der Jesusnachfolger.
3. Karfreitag: Auch Jesusjünger sterben.
4. Ostern: Die, die Jesus nachfolgen erleben die Auferstehung von Seele, Geist und Körper.
Und wir können nicht nur Ostern haben – aber auch nicht nur Passionszeit!

Wer hilft mir da?
Es ist Gottes Wort. Nicht zufälligerweise hat man mir einen Bibeltext für den Palmsonntag nahegelegt, der da wie eine Faust auf’s Auge wirkt.
Er soll mir vor allem eines zeigen: Nach dem Palmsonntag kommt die Woche, in der ich mich auf das Leiden besinnen soll, dann kommt Karfreitag, Jesus Tod.
Und dann kommt Ostern, seine Auferstehung – er lebt.

Auch in meiner Nachfolge als Christ gibt es mehr als: Gelobt sei, der da kommt im Namen des Herrn…
Mehr als: Juble laut, dein König kommt zu dir…

Jesaja 50,4 Gott, der Herr, gibt mir die richtigen Worte, damit ich erschöpfte Menschen zur rechten Zeit ermutigen kann. Morgen für Morgen weckt er mich, und dann höre ich zu: Der Herr lehrt mich wie ein Lehrer seinen Schüler. 5 Ja, Gott, der Herr, hat mich bereit gemacht, auf ihn zu hören. Ich habe mich nicht gesträubt und bin meiner Aufgabe nicht ausgewichen. 6 Meinen Rücken habe ich hingehalten, als man mich schlug; ich habe mich nicht gewehrt, als sie mir den Bart ausrissen. Ich hielt ihren Beschimpfungen stand und verdeckte mein Gesicht nicht, als sie mich anspuckten. 7 Und doch werde ich mich ihnen nicht beugen, denn Gott, der Herr, verteidigt mich. Darum habe ich auch die Kraft, ihnen die Stirn zu bieten. Ich weiß, ich werde nicht in Schimpf und Schande dastehen. 8 Der Richter, der mich freisprechen wird, ist schon unterwegs. Wer will mir da noch den Prozeß machen? Laßt uns nur vor Gericht gehen! Wer will mich anklagen? Soll er doch herkommen! 9 Ja, Gott, der Herr, verteidigt mich! Wer kann mich da noch schuldig sprechen? Alle meine Ankläger werden umkommen, sie vergehen wie ein Kleid, das die Motten zerfressen.

Da spricht jetzt jemand, der nicht nur Jubel, Trubel, Heiterkeit verspürt.
Auch seine Bestrebungen, seine Ausrichtung ist nicht Freude, Jubel, Erlebnis, gute Gefühle oder so.
Nein, er richtet sich aus – er hört hin – er ist still – jeden Morgen – still – hört – auf Gott, seinen Herrn. Und darin ist er erweckt, geweckt, wach.
Und dann gehorcht er. Folgt diesem Gehörten.
Wie? Er dient.
Er gibt den erschöpften Menschen zur richtigen Zeit, die richtigen Worte. Er kann also seelsorgerlich dienen.
Ja, das kann er, weil er von Gott gelehrt wird.
Er kann es, weil er sich dagegen nicht auflehnt.
Wie schnell kommen mir meine Wünsche, Ansichten, Erfahrungen, Wissen, usw. in den Weg. Ich werde getäuscht.
Und meine das sei jetzt Gottes Wille.
Loslassen ist hier angesagt.
Eigenes loslassen.
Mein Wollen und Trachten loslassen.
Meine wohldurchdachten Ziele loslassen.
Mein Klammern und Festhalten – loslassen!

Im Hören auf Gott erkenne ich Aufgaben.
Gott hat Aufgaben für mich.
Und nicht immer sind sie sehr angenehm, meinem Naturell und meiner Wohlfühlmentalität entsprechend…

Ich meine nicht, dass immer der Leidensweg ganz sicher Gottes Weg ist – aber hier bei uns wird er es immer öfters.

Da gilt es auch den Rücken hinzuhalten, wenn ich geschlagen werde – ich hoffe im übertragenen Sinn.
Da gilt es Beschimpfungen anzuhören.
Da gilt es angespuckt zu werden…
Und standhaft zu bleiben.
Ohne gebeugt zu werden.

Das kann ich, wenn ich
1. Wirklich aus dem Hören auf Gott lebe
2. Weil ich weiss, dass mich Gott nicht loslässt, nicht fallen lässt, sondern zu mir steht, mich verteidigt:
Römer 8, 31: Ist Gott für uns, wer kann wider uns sein? 32 Der auch seinen eigenen Sohn nicht verschont hat, sondern hat ihn für uns alle dahingegeben - wie sollte er uns mit ihm nicht alles schenken? 33 Wer will die Auserwählten Gottes beschuldigen? Gott ist hier, der gerecht macht. 34 Wer will verdammen? Christus Jesus ist hier, der gestorben ist, ja vielmehr, der auch auferweckt ist, der zur Rechten Gottes ist und uns vertritt. 35 Wer will uns scheiden von der Liebe Christi? Trübsal oder Angst oder Verfolgung oder Hunger oder Blöße oder Gefahr oder Schwert? 36 Wie geschrieben steht (Psalm 44,23): »Um deinetwillen werden wir getötet den ganzen Tag; wir sind geachtet wie Schlachtschafe.« 37 Aber in dem allen überwinden wir weit durch den, der uns geliebt hat. 38 Denn ich bin gewiss, dass weder Tod noch Leben, weder Engel noch Mächte noch Gewalten, weder Gegenwärtiges noch Zukünftiges, 39 weder Hohes noch Tiefes noch eine andere Kreatur uns scheiden kann von der Liebe Gottes, die in Christus Jesus ist, unserm Herrn.

Der Knecht Gottes
Ich habe den Jesaja-Text jetzt auf mich als Christ, als Jesusjünger bezogen.
Aber es ist nicht ganz klar, auf wen diese Jesaja-Worte zutreffen.
Wer ist der „Knecht Gottes“ (Lutherübersetzung) von dem dieser Bibeltext spricht?
· Spricht hier Jesaja von sich selber?
· Oder ist das Volk Israel gemeint – das wäre die jüdische Auslegung
· Oder ist Jesus gemeint?
Es ist oft bei den prophetischen Schriften so, dass die Aussagen auf mehrere Personen und /oder Zeiten zutreffen.
Für mich ist dieser Text in erster Linie Reden von Jesus über sich selber:
Jesus ist dieser Knecht Gottes! Jesus mein Herr!
· Er hilft den Müden – Matthäus 11,28: Kommt her zu mir, alle, die ihr mühselig und beladen seid; ich will euch erquicken. 29 Nehmt auf euch mein Joch und lernt von mir; denn ich bin sanftmütig und von Herzen demütig; so werdet ihr Ruhe finden für eure Seelen.
· Er hört auf Gott und hat einen ganz engen Kontakt zum Vater – Johannes 8,28: ihr werdet einsehen, daß ich euch nicht meine eigenen Gedanken vortrage, sondern weitergebe, was mir mein Vater gesagt hat. Sagt Jesus zu seinen Nachfolgern.
· Er war gehorsam und ging den Weg ans Kreuz – Philipper 2,7-8: Jesus entäußerte sich selbst und nahm Knechtsgestalt an, ward den Menschen gleich und der Erscheinung nach als Mensch erkannt. 8 Er erniedrigte sich selbst und ward gehorsam bis zum Tode, ja zum Tode am Kreuz.
· Er hat seinen Rücken hingehalten und er wurde geschlagen
· Er wurde verspottet – Matthäus 26,66-67: Was ist euer Urteil? Sie antworteten und sprachen: Er ist des Todes schuldig. 67 Da spien sie ihm ins Angesicht und schlugen ihn mit Fäusten. Einige aber schlugen ihn ins Angesicht
· Und er litt und starb am Kreuz.
· Und ihm half Gott
· Und er stand aus dem Grab auf und konnte sagen: „Mir ist alle Gewalt im Himmel und auf Erden gegeben. Liebe Jünger, ich bin bei euch alle Tage, bis an das Ende der Welt.
· Und er ging zum himmlischen Vater.
Das ist der Knecht Gottes: Jesus Christus.
Was hat das mit mir zu tun?
Nichts anderes, als ich im Weg von Jesus auch meinen Weg vorgezeichnet sehe.