Samstag, März 25, 2006

Christen: Was trübt unsere Freude?

Christen: Was trübt unsere Freude?
Es sind vor allem zwischenmenschliche Konflikte.
Menschen die versagen (und manchmal bin ich dieser Mensch…)
Menschen, die mich kritisieren, mir sogar bös wollen, mich bekämpfen, über mich den Kopf schütteln, über mich hinweggehen,…
Situationen, die nicht sind, wie ich meine, dass sie sein sollten.
Im Spital pflegten wir manchmal zu sagen: „Es wäre so schön im Spital zu arbeiten, wenn es keine Patienten gäbe…“
In der Kirche könnten wir sagen: „Es wäre so schön, wenn es in der Gemeinde keine andern Menschen als mich gäbe und vielleicht noch die paar, die in mir den Helden sehen…“ Aber da merken wir gleich, dass das nicht die Wahrheit sein kann.
Christliche Gemeinde lebt geradezu von dieser Vielfalt der Glieder, ihrer Unterschiedlichkeit, auch ihrer Konkurrenz zueinander, ihrem Ringen, nach mehr Leben, Erkenntnis, Erleben, besserer Auftragerfüllung,…
Meine Frage ist darum immer wieder: Wie machen wir das zusammen? So, dass nicht nur einer Freude hat und die Andern unten durch müssen – so dass möglichst alle Freude haben?

Ein Prediger (Paulus) beschreibt eine solche Situation. Er steckt selber da drin. Eine Situation des Gerangels, wer nun der Bessere, Grössere, Richtigere, Wirklichere, Frömmere, Gottgefälligere,… sei:


Bibel (Hoffnung für alle) Philipper 1,15 Zwar verkündigen manche nur deswegen die Botschaft von Christus, weil sie neidisch sind und mir eine erfolgreiche Missionsarbeit nicht gönnen; andere aber sind aufrichtig und lassen sich bei ihrer Predigt von den besten Absichten leiten. 16 Sie handeln aus Liebe, weil sie wissen, daß ich im Gefängnis bin, um für das Evangelium einzutreten. 17 Die anderen aber reden von Jesus Christus, weil sie mir beweisen wollen, daß sie es besser können. Sie meinen es nicht ehrlich und wollen mir noch zusätzlich Kummer bereiten.

Als Paulus das schrieb, war er im Gefängnis. Er konnte also nicht wie vorher herumreisen und predigen.
Aber andere – seine Kollegen – taten das nun.

Paulus stellt fest, dass da nicht alle aus den gleichen Motiven heraus predigen:
Es gibt solche, die machen es aus Neid zu ihm: „Was der kann, kann ich schon lange. Was der kann, kann ich besser.“
Vermutlich stimmte das sogar, wenn man z.B. das Auftreten von Paulus als Massstab nimmt. Er schreibt über sich:1. Kor. 2, 3 Und ich war bei euch in Schwachheit und in Furcht und mit großem Zittern; 4 und mein Wort und meine Predigt geschahen nicht mit überredenden Worten menschlicher Weisheit,…

Es gibt sehr viel Frommes, das man aus unlauteren Motiven heraus tun kann. Z.B. eben um sich zu profilieren. Um jemand zu sein.

Warum/wozu tue ich, was ich tue? Warum predige ich eigentlich?
Ich stelle mir diese Frage immer wieder ernsthaft.
Ein Motiv wäre:
Es gibt dieses gute Gefühl vor Leuten zu reden, zu stehen, leicht erhöht und sie hören mir zu.
Predigen beinhaltet auch Macht: Immer werden Menschen beeinflusst.
Da bekomme ich auch eine grosse Verantwortung. Da bekomme ich eine grosse Last aufgelegt.
Ich werde einmal von Gott zur Rechenschaft gezogen über das, was ich hier vorne gesagt und getan habe.

Und da beginnt das gute Gefühl zu schwinden…

Mein Motiv zu predigen (neben meiner Berufung und meinem Auftrag) ist mein inneres Erleben: Gottes Wort wird mit jeder Predigtvorbereitung wieder lebendig, hat etwas mit mir zu tun, spricht zu mir.
Es hat etwas mit dem zu tun, was in Psalm 1 steht: Lust haben am Wort Gottes oder
Psalm 119,14+16:
Freude haben am Wort Gottes.
Gottes Wort löst in mir ein „Prikeln“ aus – „genau so ist das“ – „danke Gott, dass du sprichst“…
Da wird Gott lebendig…
Ich sehe: Da ist mehr als irgendwelche Weisheit, Philosophie, Auslegung, richtiges Denken, Weitergabe von Information, Vernunft – da ist mehr als Mensch, mehr als Welt, mehr als Materie, mehr als Sichtbares…
Da erhalte ich ein Stück Himmel in mein Herz….
Der lebendige Gott spricht…
Und daran möchte ich meine Hörer teilhaben lassen.


Noch einmal zurück zur Situation von Paulus:
Im Gefängnis.
Er stellt fest, dass da Andere weiter predigen. Da gibt es solche, die ganz in seinem Sinn und Geist predigen – sogar aus Liebe zu Paulus („wenn der nicht mehr kann, muss ich halt einspringen“) – aber andere eben auch aus unlauteren Motiven.
Das ist eine Situation, die die Freude von Paulus trüben müsste: Konflikt, da läuft’s nicht rund, ärgerlich diese Andern, …
Er könnte jetzt Gedanken haben wie:
„Da muss man eingreifen und diese Besserwisser stoppen – immerhin geht’s um’s Evangelium…, so was darf man nicht tolerieren!...)

Aber Paulus reagiert anders:

Philipper 1,18 Doch was macht das schon! Wichtig ist allein, daß die Frohe Botschaft von Jesus Christus verbreitet wird; mag das nun unter einem Vorwand oder in ehrlicher Absicht geschehen. Wenn nur jeder erfährt, wer Jesus Christus ist! Darüber freue ich mich, und ich werde mich auch in Zukunft darüber freuen!

Paulus hat den weiten Horizont und kann das alles in einem grossen Geschehen einordnen. Er sieht: Ob die Menschen die Frohe Botschaft von Jesus Christus hören und Jesus Christus sehen, als der, der er ist: Retter, Erlöser, Gottes Sohn – hängt nicht von einem Einzelnen ab, auch nicht von einer gesäuberten Heerschar von Predigern, auch nicht von einer reinen Gemeinde oder meinem heiligen Lebensstil – wer so denkt ist durch Aktionismus gefährdet, dass er ausbrennt.
Gottes Wort wird verkündet – wenn nicht durch uns Christen (was schade und falsch wäre), dann halt durch andere – wenn nicht durch Menschen, dann halt durch Steine. (Bibel: Lukas 19,40)
Diese Tatsache bereitet Paulus Freude!
Im Gefängnis – die Hände gebunden – resp. den Mund verschlossen – freut er sich, dass das Evangelium doch weiter gepredigt wird.

Christ: Freust Du dich auch, dass das Evangelium immer wieder gepredigt wird – ich meine auch dort, wo es nach deiner Meinung nicht ganz, oder ganz richtig, oder mit falschen Motiven usw. gepredigt wird?
Oder siehst du es grundsätzlich mal einfach als problematisch, wenn gepredigt wird?

Paulus zeigt uns da einen guten Umgang mit sich selber. Oft fehlt uns nämlich eine Selbstführung. Verantwortung übernehmen für mein Denken, Handeln und (mehr als wir ahnen auch für unser) Fühlen. Paulus macht das:

19 Weil ihr für mich betet und der Heilige Geist mir beisteht, vertraue ich darauf, daß hier alles zum Besten für mich ausgehen wird. 20 Ich hoffe, daß ich während meiner Gefangenschaft nicht schwach werde und versage, sondern daß Jesus Christus durch mich in aller Öffentlichkeit verherrlicht wird, sei es durch mein Leben oder durch meinen Tod. 21 Denn Christus bedeutet für mich alles; er ist mein Leben. Deshalb kann das Sterben für mich nur Gewinn sein.

Paulus sieht (und macht sich das hier erneut klar):
· Ich bin nicht alleine.
· Da beten für mich Andere.
· Da ist der Heilige Geist, der göttliche Beistand.
„Ich weiss zwar nicht, wie das alles ausgehen wird, aber es wird so oder so gut für mich sein.“ (Paulus in Gefangenschaft: Kann sein, dass dieser Brief am Ende seines Lebens geschrieben wurde – da sind sich die Gelehrten nicht so einig – und er kurz vor seinem Tod stand).
Paulus lässt los: Eigene Lebensentwürfe, Pläne und Wünsche, vermeintliche Führungen und Verheissungen, selbst gemachte Ziele.
Es wird für ihn alles zum Besten werden.
Er will kämpfen und stark sein. Er will auch in dieser schwierigen Situation ein gutes Zeugnis für seinen Herrn Jesus geben.
Im Leben oder im Sterben.
Paulus sieht über sein irdisches Leben hinaus.
Und in dem Sinn gibt es ein gutes Sterben.
Weil Christus für ihn alles ist.
Paulus könnte doch das Predigen wichtiger sein, als das Sterben – wäre doch auch vernünftiger – War es für ihn lange Zeit auch – aber jetzt:
Paulus nimmt es gelassener – er ist es ja auch, der im Römerbrief schreibt: Röm. 14,7-9 leben wir, so leben wir dem Herrn, sterben wir, so sterben wir dem Herrn,…
Paulus sieht weiter – Predigen können noch viele (haben dann auch noch viele getan) – aber ihm Paulus soll eine grosse Freude nun bevorstehen: Im Himmel, bei seinem lieben Freund und Begleiter, seinem Herr und Heiland, seinem Beistand und Retter, seinem Helfer in der Not sein – ganz nahe sein -
bei Jesus zu sein.
Das ist seine grosse Freude.
Christen: Kann das auch zu unserer grossen Freude werden?